Betriebliche Weiterbildung

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Betriebliche Weiterbildung – Wie Wissen in den Köpfen hängenbleibt

Betriebliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen sind zur Selbstverständlichkeit geworden. In unserer digitalen, schnelllebigen Welt sind wir alle aufgefordert, uns ständig fortzubilden und unser Wissen regelmäßig aufzufrischen. Im rasanten Tempo verändern sich Märkte, Technologien und Kommunikationsformen. Unternehmen brauchen daher Strukturen und Konzepte, um ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, am Ball zu bleiben. Damit wird die betriebliche Weiterbildung zum Schlüsselfaktor für den Erfolg des Unternehmens.

Foto: Bild von StockSnap auf Pixabay

Betriebliche Weiterbildung umfasst alle Kompetenzfelder

Weiterbildung ist dabei in allen Kompetenzfeldern gefragt. Fachwissen, Branchenwissen, Produktwissen, digitale Kompetenzen, Methodenkompetenzen, soziale Kompetenzen und persönliche Kompetenzen.

Kompetenzraster helfen dabei, den Überblick zu bewahren und Struktur in die Kompetenzentwicklung in Unternehmen zu bringen.

Die betriebliche Weiterbildung profitiert von der neuen Methodenvielfalt

Man sollte meinen, dass Lernen heute einfacher und effektiver geworden sei. Eine große Zahl digitaler Lehr- bzw. Lernmethoden steht zur Verfügung, die die klassischen Methoden ergänzt. Klassische Methoden sind z.B.:

  • Seminare und Workshops
  • Präsenz-Lehrgänge
  • Kongresse und Vorträge
  • Training-on-the-Job

Digitale und Online-Methoden sind z.B.:

  • Erklärvideos aus Videoportalen
  • Erklärvideos aus Eigenproduktion
  • Webinare
  • Live-online-Trainings
  • Lernvideos mit Powerpoint
  • MOOC (Massive Open Online Courses, das sind Onlinekurse mit großen Teilnehmerzahlen)
  • Communities für den Austausch mit der Lerngruppe
  • Gamification Formate
  • Business Simulationen
  • Podcasts

Diese Vielfalt ermöglicht es, den Mitarbeitern alternative und bedürfnisgerechte Methoden und Konzepte anbieten zu können, die zu ihrem jeweiligen Arbeits- und Lebensalltag passen. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, den Überblick zu behalten und die Umsetzungswirkung von Weiterbildung zu messen.

„Bulimie-Lernen“ oder nachhaltiges Lernen?

Wissen ist gut, doch letztendlich kommt es auf die Umsetzung des Wissens an. Durch unser Schul- und Bildungssystem sind wir gewohnt, dass der Lernerfolg durch Prüfungen gemessen wird. Dies führt in der Praxis oft zum sogenannten „Bulimie-Lernen“. Der Begriff leitet sich von der Essstörung Bulimie ab und funktioniert nach folgendem Prinzip:

  1. Vor der Prüfung die Inhalte in Eilverfahren reinpauken
  2. In der Prüfung alles wiedergeben
  3. Nach der Prüfung alles schnell wieder vergessen

Auch wenn diese Methode für den Prüfungserfolg durchaus erfolgreich sein kann und auch den positiven Effekt hat, dass man von vielen Themen wenigsten schon einmal etwas gelesen hat und weiß, wo man es im Bedarfsfall wieder abrufen kann, so fehlt dennoch die Umsetzungswirkung. Für die betriebliche Weiterbildung ist Bulimie-Lernen also ungeeignet. Hier brauchen wir nachhaltiges Wissen, das auch im Alltag zur Anwendung kommt.

Im Bereich der betrieblichen Weiterbildung wird der Schulungserfolg oft mit Fragebögen gemessen, die am Ende einer Bildungsmaßnahme ausgefüllt werden. Mit ihrer Hilfe bewerten die Trainingsteilnehmenden den Trainingserfolg selbst. Inwieweit ein Transfer in die Praxis erfolgt, ist damit jedoch auch nicht garantiert. Unternehmen fällt es deshalb schwer, Schulungsformate und ihre Nachhaltigkeit objektiv zu bewerten.

Was können Unternehmen also tun, um einen nachhaltigen Lernerfolg zu unterstützen? Werfen wir einen Blick auf die Lernpyramide, um zu verstehen, wie Menschen am besten lernen.

Wie lernen Menschen nachhaltig: Die Lernpyramide

Das namhafte US-amerikanische Trainingsinstitut NTL (National Training Laboratories in Bethel, Maine) hat sich bereits in den 60ger Jahren mit der sogenannten Retention Rate beschäftigt.  Die Retention Rate gibt an, was ein durchschnittlicher Trainingsteilnehmender aus einem Training mitnehmen und behalten kann. Die NLT Lernpyramide, die daraus entwickelt wurde, wird häufig herangezogen, um die Effizienz verschiedener Lernmethoden miteinander zu vergleichen. Die Lernpyramide wird meist in folgender Darstellung gezeigt:

Lernpyramide nach NTL

Was sagt die Lernpyramide aus?

Reines Zuhören, wie wir es vom klassischen Frontalunterricht in der Schule oder von Vorträgen her kennen, hat demnach eine Behaltenseffizienz von nur 5 Prozent. Die gebräuchlichste Form der Aus- und Weiterbildung wäre demnach also fast „für die Katz“. Wenn wir uns den Stoff selbst lesend erschließen, liegen wir bei 10 Prozent. Wird der Lernstoff mit Bild- und Tonmaterial unterlegt, also z.B. durch Videos oder Graphiken, können wir 20 Prozent behalten.  Dürfen wir zusehen, wie andere Menschen die Dinge tun, also z.B. in der Ausbildung Jemandem über die Schulter schauen, haben wir 30 Prozent Retentionrate. All diese Methoden, die wir im oberen, hier in Blautönen gehaltenen Bereich der Pyramide wiederfinden, funktionieren überwiegend passiv. Der Lernende hat nur beschränkte Möglichkeiten aktiv zu sein. Dies ist auch der Grund, weshalb die Nachhaltigkeit begrenzt ist. Dennoch brauchen wir diese Methoden in vielen Bereichen, um uns die Grundlagen eines Lernstoffs anzueignen.

Die Lerneffizienz steigt deutlich, wenn Menschen selbst aktiv werden können. Dies beginnt damit, dass wir den Lernstoff mit anderen diskutieren und Argumente austauschen, wie dies z.B. in Lerngruppen geschieht. Dann liegen wir bei 50 Prozent Behaltenswirkung. Wenn wir uns den Lernstoff durch eigenes Tun selbst erarbeiten, steigt die Retentionsrate auf 75 Prozent. Dies geschieht in Gruppenarbeiten und Einzelarbeiten. 90 Prozent können wir erreichen, wenn wir Anderen erklären, was wir uns erarbeitet haben, oder sofort in die Umsetzung gehen. Dann erst durchdringen wir die Theorie vollständig und so intensiv, dass unser Gehirn den Stoff ins Langzeitgedächtnis überträgt.

Kritik an der Lernpyramide

Der Ursprung und die wissenschaftliche Zuverlässigkeit der Lernpyramide konnte nie genau belegt werden, da die Rohdaten verschwunden sind. Heute ist man sich in der Wissenschaft einig, dass die Prozentsätze der Lernpyramide mit Vorsicht zu genießen sind. Lernen ist ein komplexer Prozess und funktioniert bei jedem Menschen anders. Lernerfahrungen, Motivation, Vorwissen, Alter, Gehirnstrukturen – all diese Dinge spielen eine große Rolle für den individuellen Lernerfolg. Dennoch gibt sie uns Erkenntnisse mit auf den Weg, die für die betriebliche Weiterbildung wertvoll sind.

Wie lässt sich die Lernpyramide für die betriebliche Weiterbildung nutzen?

Verabschieden wir uns einmal vom Zahlenwerk der Lernpyramide. Bei aller Kritik enthält die Lernpyramide zwei Kernbotschaften:

Botschaft 1: Vielfalt ist Trumpf

Je vielfältiger wir die Lernmethoden kombinieren, umso nachhaltiger ist der Lernerfolg. Lernen wird dann effizient, wenn wir möglichst viele Sinne ansprechen. Daher bieten uns die digitalen Methoden, die uns heute zur Verfügung stehen, gemeinsam mit den klassischen Lernformen großartige Möglichkeiten. Wenn ein Unternehmen verschiedenste Lernformate in sein Weiterbildungskonzept einbindet, kann jeder Mensch gemäß seiner individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten lernen.

Statt der Lernpyramide mit ihren Prozentzahlen ist der Blick auf das große Ganze sinnvoller. Lernen schließt im Idealfall viele Formen und Methoden ein, wie bei einem Kreis mit vielen Ringen. Jedes zusätzliche Element trägt dazu bei, dass die Nachhaltigkeit des Lernerfolgs verbessert wird.

Die Vielfalt des Lernens sorgt für Nachhaltigkeit

Botschaft 2: Aktivität fördern

Je aktiver Menschen in den Lernprozess eingebunden sind, desto effizienter lernen sie. Um Menschen in Aktion zu bringen, können Unternehmen begleitende Maßnahmen einsetzen, die die Nachhaltigkeit des Lernens unterstützen.

8 aktive und leicht umsetzbare Maßnahmen für die betriebliche Weiterbildung

Sie bieten in Ihrem Unternehmen Aus- und Weiterbildung mit internen und externen Methoden an? Dann haben wir hier ein paar einfache Methoden, um die Lernerfolge zu steigern.

1. Auch klassische Methoden bieten Raum für Aktivität

Ein Vortrag, ein Webinar, ein klassisches Seminar – auch wenn das Format keine Aktivität vorsieht, kann dennoch die Aktivität der Teilnehmenden angeregt werden. Der Klassiker ist das Mitschreiben. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Mitschreiben die Behaltenswirksamkeit deutlich fördert. Das Gleiche gilt für die Umsetzung in eigene Zeichnungen oder Mindmaps. Ermutigen Sie die Teilnehmer, diese visualisierten Inhalte zu teilen. Wenn Sie intern ausbilden, können Sie bewusst auf diese Karte setzen.

2. Lerngruppen und Lerntandems

Kleine Lerngruppen oder Lerntandems lassen sich flexibel und ohne großen Aufwand einführen. Sie eignen sich gut, wenn mehrere Mitarbeitende den gleichen Lernstoff erarbeiten sollen. In der Minigruppe können Inhalte diskutiert, geübt und verfestigt werden.

Gut geeignet ist das Format auch, wenn mehrere Mitarbeitende das gleiche Seminar besucht haben und die Umsetzung gefördert werden soll.

Ist das vergeudete Arbeitszeit? Nein, diese Zeit ist gut investiert, um Lernen nachhaltig zu gestalten. Gleichzeitig macht das gemeinsame Lernen vielen Menschen mehr Spaß und fördert das Teamklima.

3. Simulationen

Gesprächs- und Verhandlungssituationen können durch Simulationen geübt werden. Gut geeignet sind dafür Dreiergruppen, die gemeinsam üben. Dabei ist die erste Person der Übende, die zweite Person spielt z.B. einen Kunden, die dritte Person beobachtet die Konversation und gibt im Anschluss Feedback. Ermutigen Sie Ihr Team, diese Methode zu nutzen, z.B. um neue Teammitglieder fit zu machen.

4. Mitarbeitergespräche zur Umsetzungsunterstützung

Nach einer Fortbildung ist ein Gespräch mit der Führungskraft eine hervorragende Gelegenheit, um die Umsetzung des Lernstoffs zu fördern. Beim Wiedergeben des Gelernten verfestigt sich das Wissen. Gleichzeitig werden mögliche Unklarheiten oder Missverständnisse sichtbar und lassen sich sofort beheben. Als Führungskraft sollten Sie sich daher die Zeit nehmen, ein solches Gespräch zu suchen und dabei nachzufragen, wie Sie die Umsetzung der gelernten Inhalte unterstützen können. Nichts ist demotivierender als eine Schulung, deren Inhalte man anschließend nicht anwenden kann, weil die Rahmenbedingungen nicht passen.

5. Mentoring

Beim Mentoring erhält ein Mitarbeitender mit weniger Erfahrung in einem bestimmten Bereich einen erfahrenen Mentor zur Seite gestellt. Mit diesem kann er das Erlernte diskutieren und verfestigen. Diese Methode ist ebenso leicht umsetzbar und eignet sich für viele Wissens- und Kompetenzbereiche.

Ausführliche Informationen und viele Tipps zum Thema Mentoring finden Sie hier.

6. Wissen weitertragen

Eines Ihrer Team-Mitglieder hat ein Seminar besucht. Eine gute Idee ist es, dieses Team-Mitglied die wichtigsten Inhalte in einem Team-Meeting präsentieren zu lassen. Das ist nicht nur optimal für die Retentionsrate, sondern auch ein Mini-Training für das gesamte Team.

7. Erfahrungsräume für die betriebliche Weiterbildung

Sie bilden aus? Fördern Sie aktive Lernmethoden wie Planspiele, Junior-Firmen, Werkstätten und Diskussionsgruppen. Diese Lernformen machen den Auszubildenden Spaß, Fördern das Mitdenken und die Kreativität und bringen nachhaltige Lernerfolge.

8. Arbeiten delegieren

Geben Sie gerade neuen oder unerfahrenen Mitarbeitenden gezielt Aufgaben ab, damit diese Erfahrrungen sammeln können, auch wenn es schneller wäre, diese Aufgaben selbst zu erledigen und möglicherweise zunächst mehr Fehler passieren. Das kostet zwar in dem Moment Zeit, langfristig ermöglicht es Ihnen aber, diese Aufgaben dauerhaft abzugeben. Und Ihre Mitarbeitenden profitieren von neuem Wissen und Fähigkeiten. 

Die 7 Regeln eine guten Delegation finden Sie hier.

Fazit: Betriebliche Weiterbildung ist Führungsaufgabe

Die Führungskräfte in Unternehmen haben die Verantwortung, die betriebliche Weiterbildung zu fördern und voranzutreiben. Dazu braucht das Unternehmen passende Konzepte und eine aktive, positive Lernkultur.

Lernen soll Spaß machen! Weil Lernen uns persönlich wachsen lässt. Weil wir dadurch Selbstvertrauen und Selbstbestätigung gewinnen. Es liegt an jedem von uns, diese Einstellung vorzuleben, ganz nach dem Motto:

„Entwickle eine Leidenschaft fürs Lernen und du wirst niemals aufhören zu wachsen.“

Anthony D’Angelo

Wir unterstützen Sie gerne beim Aufbau eines Mitarbeiterentwicklungskonzept für Ihr Unternehmen und freuen uns auf ein Fachgespräch mit Ihnen.

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