Nein sagen

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Nein sagen: Deutlich, höflich und mit gutem Gewissen

Klar und dennoch höflich Nein sagen ist nicht ganz einfach. Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie spontan Ja gesagt haben und schon im gleichen Moment wussten, dass ein Nein besser gewesen wäre?

Es kann viele Gründe geben, warum wir vorschnell in eine Ja-Falle tappen. Dieser Beitrag beleuchtet, warum das so ist, und gibt Tipps, wie Sie die Ja-Falle umgehen können, ohne von Gewissensbissen verfolgt zu werden. Holen Sie sich zudem Formulierungshilfen, um selbstbewusst, klar und dennoch freundlich Nein zu sagen.

Nein sagen: Warum es uns oft schwerfällt

Jemandem eine Bitte abzuschlagen, fällt vielen Menschen schwer.

Wenn Menschen dazu neigen, vorschnell Ja zu sagen, stecken meist bewusste oder unbewusste Ängste oder Verhaltensmuster dahinter.

Der erste Schritt besteht daher darin, die eigenen Motive zu erkennen. Dann können Sie im nächsten Schritt auch daran arbeiten, die Ja-Fallen, in die Sie persönlich gerne tappen, zu umgehen.

Folgende Motive und Muster können dafür verantwortlich sein, dass Menschen zu schnell Ja sagen.

Gefallen wollen

Die Angst vor Ablehnung ist ein starker Antrieb, Ja zu sagen, auch wenn wir es hinterher bereuen. Wir möchten akzeptiert und gemocht werden und nicht als egoistisch dastehen. Dabei übersehen wir, dass wir uns in unserem Selbstwertgefühl von anderen abhängig machen. Wir können es ohnehin nicht immer jedem recht machen.

Nach Harmonie suchen

Manchmal sagen wir Ja, weil wir nicht unhöflich sein wollen und keine Missstimmung aufkommen lassen möchten. Die Beziehung zum Fragestellenden soll nicht durch ein Nein belastet werden, denn wir suchen nach Harmonie. Vielleicht haben wir auch Angst, das Wohlwollen der anderen Person zu verlieren.

Helfen wollen

Manche Menschen lieben das Gefühl, gebraucht zu werden und fühlen sich besonders wichtig und wertvoll, wenn sie andere Menschen unterstützen können. Dieses Helfer-Syndrom hat seinen Preis, denn es wird immer Menschen geben, die diese Hilfsbereitschaft auszunutzen wissen. Dann kommt ein Satz wie dieser: „Bitte hilf mir, ohne dich schaffe ich das unmöglich!“ Menschen mit einem Helfer-Syndrom übersehen, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse und Prioritäten durch ihre Gefälligkeit aus den Augen verlieren.

Sich geschmeichelt fühlen

Wenn andere Menschen sich mit einer Bitte an uns wenden, kann das auch unser Ego streicheln. „Sie können das am allerbesten. Daher würde ich Sie bitten, die Aufgabe zu übernehmen.“ Einer solchen Bitte können wir nicht so leicht widerstehen. „Toll, dass ausgerechnet ich gefragt werde, diese wichtige Aufgabe zu übernehmen“, schießt es uns spontan durch den Kopf. „Natürlich kann ich da nur Ja sagen!“ Die Gefahr besteht, dass Menschen uns durch ihre Schmeicheleien bewusst oder unbewusst manipulieren. 

Angst vor negativen Konsequenzen

Kann ich meiner Führungskraft eine Bitte abschlagen? Kann ich meinem Kunden einen Wunsch ablehnen? Welche Konsequenzen zieht das Nein nach sich? In der Tat ist es manchmal eine schwierige Entscheidung, Anfragen abzulehnen. Wir brauchen Klarheit über unsere Prioritäten, um hier selbstsicher zu handeln und uns selbst zu schützen. Analysieren Sie gut, welche Risiken wirklich mit einem Nein verbunden sind. Oft ist diese Angst bei genauer Betrachtung unbegründet.

Angst, etwas zu verpassen

Die Kolleginnen und Kollegen fragen Sie, ob Sie noch zur After-Work-Party mitkommen. Eigentlich hatten Sie heute nach Feierabend etwas anderes geplant. Dennoch sagen Sie ja, denn Sie denken unbewusst: „Ich könnte etwas versäumen, wenn ich nicht mitkomme.“ Diese Angst lässt uns auch im privaten Bereich manchmal Zusagen machen, die wir anschließend bereuen.

Kennen Sie eines oder mehrere dieser Motive? Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Damit sind Sie schon der Lösung auf der Spur.

Vorschnell Ja sagen: Der Preis ist hoch!

Notorische Ja-Sager bezahlen einen hohen Preis. Es besteht die Gefahr, ausgenutzt und manipuliert zu werden. Dadurch wächst das Risiko, sich selbst ständig zu überlasten.

Zudem verlieren Ja-Sager leicht den Respekt anderer, die deren Gefälligkeit auf Dauer als selbstverständlich erachten.

Weiterhin können die eigenen Ziele und Aufgaben vernachlässigt werden, weil man ständig anderen hilft.

Eine hohe Abhängigkeit von der Akzeptanz anderer Menschen führt dazu, dass

Ja-Sager ihr Selbstwertgefühl verlieren.

Es lohnt sich also mehrfach, sich im Nein sagen zu üben.

Nein sagen – eine Sache der Einstellung

Wer seine Motive kennt, kann auch sein Verhalten ändern. Wenn Sie ungewollt Ja sagen, stellen Sie die Bedürfnisse und Ziele anderer Menschen über Ihre eigenen. Wenn Sie Ihre Ziele erreichen möchten, werden Sie auch gelegentlich Nein sagen müssen.

Ein Nein ist letztlich immer ein Ja zu sich selbst. Wer sich immer hinten anstellt, verliert sein Selbstbewusstsein und tut sich auf Dauer nichts Gutes.

Stärken Sie sich und Ihr Selbstwertgefühl bewusst, indem Sie in Ihrem inneren Dialog folgende Sätze verinnerlichen:

  • Ich darf Nein sagen.
  • Ich habe eine Recht darauf, meine eigenen Ziele und Bedürfnisse zu verfolgen.
  • Auch wenn ich jemandem eine Bitte ablehne, bleibe ich ein freundlicher und höflicher Mensch.
  • Ich sage Ja zu mir und zu meinen Prioritäten.

Der brasilianische Schriftsteller und Bestsellerautor Paulo Coelho hat diese Einstellung treffend so formuliert:

 „Wenn du Ja sagst, dann sei dir sicher, dass du nicht Nein zu dir selbst sagst.“

Paulo Coelho

Ja oder Nein: Die Entscheidungsfrage

Mit jeder Anfrage oder Bitte ist eine Entscheidung Ihrerseits verbunden.

Sie haben immer die Wahl:

Nein sagen
Ja oder Nein sagen

Sie können sofort Ja sagen, wenn Sie sicher sind, dass Sie die Bitte gerne erfüllen. Dann ist ein „Ja, das mache ich gerne für Sie!“ das Beste, was Sie sagen können.

Sie können sofort Nein sagen. Zu den Formulierungshilfen für ein eleganten Nein kommen wir gleich noch.

Wer unsicher ist und sich ohnehin mit dem Nein sagen schwertun, hat noch eine dritte Option: Die Bitte um Aufschub oder Bedenkzeit.

Ja oder Nein sagen – Die Aufschub-Technik

Wenn Sie dazu tendieren, vorschnell Ja zu sagen, ist die Aufschub-Technik ein guter Weg, um Nein sagen zu lernen. Verschaffen Sie sich eine Bedenkzeit, in der Sie in Ruhe nachdenken können, ob Sie die Bitte annehmen wollen oder nicht.

Nutzen Sie zum Beispiel eine der folgenden Formulierungen:

  • Ich prüfe, was noch auf meiner To-Do-Liste ist, und melde mich morgen bei Ihnen.
  • Ich denke darüber nach und gebe Ihnen heute Nachmittag Bescheid.
  • Das möchte ich nicht versprechen. Ich mache das hier fertig. Dann kann ich besser absehen, ob ich das übernehmen kann. Ich melde mich morgen.
  • Die Aufschub-Technik bewahrt Sie davor, sich überrumpeln zu lassen.

Der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun empfiehlt in seinem Werk Miteinander reden 3 die Aufschub-Technik, um dem Dialog mit dem Inneren Team Zeit zu geben. Oft wohnen nämlich zwei oder mehr Herzen in unserer Brust, wenn wir eine Entscheidung treffen sollen. Eine innere Stimme will Ja sagen, eine andere Stimme rät zu einem Nein. Oft ist die Ja-Sager-Stimme schneller und lauter und folgt einem der oben beschriebenen Verhaltensmuster. Die Bedenkzeit gibt leisen Stimmen oder verzögert eintreffenden Stimmen in unserem Inneren die Chance, an der Entscheidung mitzuwirken.

Wie nutze ich die Bedenkzeit?

Nutzen Sie die Bedenkzeit, um Ihre eigenen Motive zu hinterfragen, um Ihre Einstellung zu prüfen und um die Sachlage zu checken und stellen Sie sich selbst folgende Fragen:

  • Wo sind gerade meine Prioritäten?
  • Welcher Zeitaufwand steckt hinter der Anfrage?
  • Wieviel Zeit habe ich zur Verfügung?
  • Welchen Druck mache ich mir mit einem Ja?
  • Was bleibt auf der Strecke, wenn ich Ja sage?
  • Welchen Nutzen hat es für mich, wenn ich Ja sage?
  • Welche Konsequenzen hat ein Nein?
  • Bin ich bereit, eventuelle Konsequenzen zu tragen, wenn ich Nein sage?

Nach der Bedenkzeit sollten Sie zuverlässig Ihre Entscheidung bekannt geben. Wenn Sie Nein sagen möchten, können Sie die Bedenkzeit auch nutzen, eine höfliche Antwort zu formulieren.

Wenn Sie Ja sagen, gewinnt Ihr Ja an Wert, denn Ihr Gegenüber versteht, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass Sie die Aufgabe übernehmen. Weiterhin haben Sie die Möglichkeit, Ihr Ja an Bedingungen zu knüpfen.

Kompromiss-Lösung: Ja unter Bedingungen

Wenn Sie Ihr Ja an Bedingungen knüpfen, kann dies ein guter Kompromiss sein, besonders wenn Sie Angst vor den negativen Konsequenzen haben, die ein Nein mit sich bringen könnte.

Sagen Sie zum Beispiel Ihrem Kollegen, der Sie darum bittet, den Spätdienst für Sie zu übernehmen: „Ja, ich übernehme heute den Spätdienst für dich, unter der Bedingung, dass du ihn nächsten Dienstag für mich übernimmst.

Klar und deutlich Nein sagen

Wenn Sie sich für ein Nein entscheiden, dann ist es wichtig, überzeugt und deutlich Nein zu sagen.

Achten Sie dabei auf Ihren Tonfall und auf Ihre Körpersprache:

  • Halten Sie Blickkontakt.
  • Stehen oder sitzen Sie aufrecht.
  • Sprechen Sie mit fester Stimme.
  • Nutzen Sie eine klare Wortwahl.

Spürt Ihr Gegenüber, dass Ihr Nein unsicher ist, laden Sie ein zu Verhandlungen und laufen Gefahr einzuknicken. Bleiben Sie also konsequent bei Ihrem Nein.

No-Gos beim Nein sagen

Diese Verhaltensweisen sollten Sie beim Nein sagen vermeiden:

Schwammige Formulierungen beim Nein sagen

Ich weiß nicht, man könnte, irgendwie, vielleicht, eigentlich: Oft steckt eine gute Absicht hinter diesen weichen Formulierungen: Wir möchten vermeiden, brüsk und unhöflich zu wirken. Doch diese Worthülsen untergraben unsere Autorität und sorgen für falsche Erwartungen und Missverständnisse. Ein Nein ist ein Nein und braucht keine „Weichmacher“.

Sich klein machen

„Es tut mir furchtbar leid, aber …“ „Bitte sei mir nicht böse, aber …“: Empathie ist eine gute Sache. Wenn es Ihnen leidtut, eine Bitte abzuschlagen, können Sie durchaus Verständnis zeigen. Übertriebene Entschuldigungen sind jedoch nicht angebracht. Sie können Ihr Nein begründen, Sie müssen sich jedoch nicht dafür rechtfertigen.

Schroff Nein sagen

Es gibt wirklich unhöfliche Formulierungen wie „Das kannst du dir abschminken“. Doch wer sagt das schon? Die eigentliche Gefahr, schroff zu wirken, liegt im Tonfall und in einer abwertenden Körpersprache. Achten Sie also darauf, Ihr Nein nicht nur freundlich zu formulieren, sondern auch mit einem angenehmen Tonfall und einer zugewandten Körpersprache zu kombinieren.

Aufschub-Technik ohne Rückmeldung

Ein No-Go ist auch, um Bedenkzeit zu bitten und sich anschließend nicht zuverlässig zurückzumelden.

Wie kann ich Nein sagen, ohne verletzend zu wirken?

Hier sind 4 Techniken, die Ihnen helfen, höflich Nein zu sagen:

Begründung

Trennen Sie zwischen der Person und der Sache. Ein Nein zur Sache, ist kein Nein zur Person. Machen Sie deutlich, warum Sie sich für etwas anderes entschieden haben und warum etwas anderes wichtiger für Sie ist. Sagen Sie also zum Beispiel: Ich bitte um Verständnis, es ist nicht gegen Sie gerichtet, dass ich ablehne. Ich sage Nein, weil ich die Zeit brauche, um das Projekt XY zu bearbeiten.

Prioritäten offenlegen

Ein Nein ist eine Frage der Prioritäten. Gerade wenn Sie einer Führungskraft Nein sagen, ist es gut, wenn Sie Ihre Prioritäten und Ihre To Do-Liste offenlegen können. „Ich habe mir für heute diese Prioritäten gesetzt. Diese Aufgabe passt heute nicht mehr rein. Welche Priorität hat die Aufgabe? Bis wann brauchen Sie die Ausarbeitung?“

Alternativen anbieten

Sagen Sie Nein und bieten Sie eine Alternative an. Sagen Sie zum Beispiel: „Diese Woche bin ich voll ausgebucht. Nächste Woche erledige ich das gerne für Sie.“ Oder: „Alle Punkte der Liste möchte ich nicht übernehmen. Ich biete Ihnen an, die Punkte 1 und 2 zu bearbeiten.“

Empathie-Botschaft

Zeigen Sie Einfühlungsvermögen und machen Sie klar, dass Sie die Bitte verstehen, auch wenn Sie sie nicht erfüllen: Sagen Sie zum Beispiel: „Ich kann verstehen, dass du viel um die Ohren hast und mich um Unterstützung bittest. Dieses Mal werde ich dir nicht helfen können. Bitte habe Verständnis dafür, dass ich zuerst mein Projekt abschließen möchte.“ So lassen Sie den Fragenden nicht mit dem Gefühl zurück, dass Sie kein Interesse an seinem Problem haben.

In dieser Grafik sind die Möglichkeiten, die Sie für Ihre Entscheidung haben, nochmals zusammengefasst.

Ja-Nein-Aufschubtechnik: Welche Möglichkeiten haben Sie?

Beim Nein sagen konsequent bleiben

Wenn Ihr Gegenüber versucht, Sie umzustimmen, können Sie folgende Formulierungen einsetzen: „Wie gesagt, ich habe andere Prioritäten“ oder „Ich bitte um Verständnis, ich bleibe beim Nein.“

Es gibt Menschen, die immer wieder an Ihre Gutmütigkeit appellieren und die sich auch nicht an Abmachungen halten wollen. Weisen Sie freundlich darauf hin und hinterfragen Sie, warum die Abmachung nicht gehalten wird:

„Wir hatten vereinbart, dass dieses Projekt Priorität hat. Was hat sich verändert, dass nun etwas anderes wichtiger ist?“ Oder: „Wir hatten ausgemacht, dass du das übernimmst? Ich habe dafür andere Aufgaben übernommen. Weshalb zählt diese Abmachung nicht mehr?“

Nein sagen üben

Wenn Nein sagen für Sie eine Herausforderung ist, können Sie bewusst eine Zeitlang eine „Nein-Liste“ führen.

Vermerken Sie darauf das Datum, den Bittenden und die Art der Anfrage, die an Sie gestellt wurden. Schreiben Sie zu jeder Anfrage, wie Sie reagiert haben: Dazu können Sie sich an unserer Übersichtsgrafik orientieren.

Durch die Selbstreflexion wird die Quote Ihrer ungewollten „Ja’s“ automatisch geringer und Sie können Ihre Erfolge beim Nein sagen gut nachvollziehen. Beginnen Sie sofort und loben Sie sich für jedes Nein.

Denken Sie daran:

„Ein Nein aus tiefster Überzeugung ist besser und größer als ein Ja, das nur gesagt wird, um zu gefallen oder um Schwierigkeiten zu vermeiden.“

Mahatma Gandhi

Bildquellen:

Graphiken: BEITRAINING

Foto: Image by cookie_studio on Freepik

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