Generation 55+ im Arbeitsleben

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Generation 55+: Noch lange motiviert im Unternehmen halten

Sie beschäftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Generation 55+ in Ihrem Unternehmen? Noch nie haben sich, Umfragen zufolge, Menschen dieser Altersgruppe so leistungsfähig und gesund gefühlt wie heute. Gleichzeitig leisten die zahlenmäßig starken Jahrgänge einen wichtigen Beitrag im Arbeitsleben. Doch viele der Babyboomer planen jetzt ihren Renteneintritt und denken derzeit darüber nach, wie und wann sie das Berufsleben verlassen werden.

Wie können Unternehmen das Potenzial der Generation 55+ möglichst lange und gut nutzen? Oder anders gefragt, können wir es uns noch leisten, Menschen, die den 50. Geburtstag hinter sich haben, als „altes Eisen“ abzustempeln?

Faktencheck: Die Babyboomer hinterlassen eine Lücke

Wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer den Arbeitsmarkt verlassen, entsteht auf dem Arbeitsmarkt eine große Lücke. Als Babyboomer wird gemeinhin die Generation bezeichnet, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurden. Ein Teil dieser Menschen befindet sich schon in Rente, andere haben noch bis zu 7 Arbeitsjahre bis zum offiziellen Renteneintritt vor sich. Das Statistische Bundesamt hat in einer 2022 erschienenen Untersuchung die Jahrgänge 1967 bis 1969 in die Berechnungen einbezogen. Dies entspricht also den Erwerbstätigen der Generation 55+.

Laut dem Statistischen Bundesamt werden demnach dem Arbeitsmarkt in Deutschland bis zum Jahr 2036 insgesamt 12,9 Millionen Menschen verloren gehen. Dies sind knapp 30 Prozent der Erwerbstätigen.

Diese Lücke wird in vielen Unternehmen spürbar werden. Deshalb liegt ist es im Interesse jedes Unternehmens, die Generation 55+ bis zum Renteneintrittsalter gesund und motiviert im Job zu halten und zu vermeiden, dass es zu vorzeitigen Ausstiegen kommt.

Was zeichnet die Generation 55+ aus?

Jeder Babyboomer, also die Vertreter der geburtenstarken Jahrgänge bis 1964, hat die Erfahrung gemacht, dass er/sie immer „eine/r unter vielen“ war. Egal ob in der Schule, in der Ausbildung, an der Hochschule oder auf dem Arbeitsmarkt, die Konkurrenz war groß. Gleichzeitig war die Erziehung dieser Jahrgänge oftmals stark von Autorität und Disziplin geprägt. Die Babyboomer mussten zwangsläufig durch Leistung überzeugen, um eine Chance zu haben. Auch die frühen Jahrgänge der sogenannten Generation X (geboren zwischen 1965 und 1980) waren noch einen klassischen Arbeitgebermarkt gewöhnt.

Diese Erfahrungen spiegeln sich in den Einstellungen der Generation 55+ wider. Folgende Eigenschaften sind typisch:

Arbeitsmoral

Gerade die Babyboomer sind bekannt für ihre starke Arbeitsethik. Die Arbeit nimmt einen hohen Stellenwert im Leben ein.

Karriereorientierung

Die Generation 55+ legt Wert auf beruflichen Aufstieg und die Erreichung von Status. Sie sieht ihre Karriere als einen wichtigen Teil ihrer Identität.

Resilienz

Die Fähigkeit, sich nicht durch äußere Widrigkeiten unterbekommen zu lassen, zeichnet die Babyboomer aus. Schließlich musste man sich durchkämpfen. Diese Resilienz zeigen sie oft auch am Arbeitsplatz und lässt sie pragmatische Entscheidungen und Lösungen finden.

Teamfähigkeit

Wer mit 35 Mitschülerinnen und Mitschülern in der Klasse saß, musste sich einerseits beweisen und gleichzeitig mit den anderen zurechtkommen. Teamgeist, Kompromissbereitschaft und Konfliktkompetenz waren Grundfähigkeiten, die täglich gebraucht wurden. Viele Babyboomer haben daher einen Weg gefunden, Konkurrenzkampf und Kooperation unter einen Hut zu bringen.

Loyalität

Die Generation 55+ denkt oft in klaren Hierarchien und traditionellen Arbeitsstrukturen. Ihrem Arbeitgeber gegenüber ist die Generation 55+ oftmals sehr loyal und man findet oft noch lange Betriebszugehörigkeiten. 

Altes Eisen oder unverzichtbar? Was bewegt die Generation 55+?

Zwei gegengesetzte Überlegungen bewegen viele Babyboomer. Einerseits sehen sie den Ruhestand als einen wohlverdienten Lebensabschnitt an, den sie aktiv und fit genießen möchten. Wenn es finanziell machbar ist, ist damit unter Umständen auch der Wunsch nach einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben verbunden. Andererseits ist die Arbeit ein wichtiger Lebensinhalt. Solange die Arbeit Spaß macht, sind viele daher auch bereit, noch ein „paar Jährchen dranzuhängen“.

Wann ein Renteneinstieg erfolgt, hängt somit auch von der Art und Weise ab, wie die Babyboomer ihr Arbeitsumfeld erleben. Ältere Arbeitnehmer haben oftmals eine ganze Reihe von Befürchtungen und Ängsten, die sowohl ihre berufliche als auch ihre persönliche Zukunft betreffen. Einige der häufigsten Befürchtungen und Ängste sind:

Generation 55+: Digital abgehängt?

Vollständig in einer analogen Welt aufgewachsen, kann die Generation 55+ den technologischen Veränderungen am Arbeitsplatz skeptischer gegenüberstehen. Die Angst, technisch mit den Jungen nicht mithalten zu können und den Anschluss zu verlieren, sollten Unternehmen nicht unterschätzen.

Nicht fit genug?

Mit zunehmendem Alter können gesundheitliche Probleme eine größere Rolle spielen. Ältere Arbeitnehmer machen sich oft Sorgen darüber, wie sich ihre Gesundheit auf ihre Leistungsfähigkeit auswirkt und ob sie in der Lage sein werden, ihre Aufgaben bis zum Renteneintrittsalter wie gewohnt zu erfüllen.

Auf dem Abstellgleis?

Die Befürchtung, aufgrund des Alters diskriminiert zu werden, ist bei älteren Arbeitnehmern verbreitet. Dies kann sich in verschiedenen Formen äußern, von der Einstellungspraxis bis hin zu Entscheidungen bezüglich Beförderungen und Schulungen, bei denen jüngere Kollegen bevorzugt werden könnten.

Familiäre Verpflichtungen?

Ältere Arbeitnehmer können auch besorgt sein, wie sie die Balance zwischen Beruf und Privatleben gestalten, insbesondere wenn sie Pflegeverantwortung für ältere Familienmitglieder übernehmen.

Wird Generation 55+ zu wenig wertgeschätzt?

Ein Leben lang geschuftet und nun „altes Eisen“? Die Generation 55+ ist leistungsorientiert. Im Gegenzug erwartet sie, dass dieses Engagement gesehen und entsprechend honoriert wird. In einer Arbeitswelt, in der die Suche nach jungen Menschen im Fokus steht, fühlt sich die Generation 55+ mitunter zu wenig gesehen und gewürdigt.

Um diesen Befürchtungen und Ängsten ernsthaft zu begegnen, ist es wichtig, dass sowohl Arbeitgeber als auch Mitarbeitende proaktive Schritte unternehmen.

Weniger Weiterbildung für die Generation 55+

Laut Statistischem Bundesamt haben sich 2022 4,3 % der Erwerbstätigen an Kursen und Lehrgängen der beruflichen Weiterbildung beteiligt. Erwerbstätige im Alter von 25 bis 34 und 35 bis 44 Jahren beteiligten sich mit je 4,7 % häufiger an beruflicher Weiterbildung als andere Altersgruppen. Am niedrigsten war die Beteiligung mit 3,4 % bei den über 55-jährigen Arbeitnehmern.

Wo auch immer die individuellen Gründe liegen, die Weiterbildung für die Generation 55+ zu vernachlässigen, diese Haltung führt in eine Sackgasse. Gerade Ältere brauchen spezifische Weiterbildungsangebote, um beruflich auf dem Laufenden bleiben zu können. Die Bedürfnisse der erfahrensten Generationen werden bei der Weiterbildung offensichtlich jedoch zugunsten der Jüngeren vernachlässigt.

Lebenslanges Lernen: So profitieren Unternehmen und Mitarbeitende der Generation 55+

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren in verschiedener Hinsicht: Lebenslanges Lernen fördert Selbstvertrauen, Selbstbestimmung und Zufriedenheit. Die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen fördert automatisch Offenheit und Interaktion. Gleichzeitig werden neue Netzwerke geknüpft. Wer lebenslang lernt, ist länger aktiv und gesund.

Genauso profitieren die Unternehmen: Erfahrene Mitarbeitende bringen wertvolle Erfahrungen, Branchen- und Unternehmenswissen mit, die sie bei der Entwicklung pragmatischer Lösungen einsetzen können.

Was braucht die Generation 55+, um dem Arbeitsmarkt erhalten zu bleiben?

Um die Generation 55+ möglichst lange an ein Unternehmen zu binden, ist es wichtig, ihre spezifischen Bedürfnisse und Werte zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, die auf diese eingehen.

Dieses 11-Punkte-Programm bietet umfassende Angebote.

Das 11 Punkte-Programm, um die Generation 55+ zum Bleiben zu motivieren

1. Flexibilität bei der Arbeitszeit

Während sie sich dem Ruhestand nähern, können flexible Arbeitszeiten oder Teilzeitarbeit Menschen ansprechen, die nicht vollständig aus dem Arbeitsleben ausscheiden möchten. Teilzeitmodelle ermöglichen mehr Freiheiten und mehr Zeit für Hobbies und Familie. Gerade für die Babyboomer, für die die Arbeit ein wichtiger Identifikationsfaktor darstellt, kann es interessant sein, die Arbeitszeit schrittweise zu reduzieren. Damit wird es ihnen möglich, Arbeit, familiäre Verpflichtungen und persönliche Interessen besser in Einklang zu bringen.

2. Gesundheits- und Wellnessprogramme

Mit dem Älterwerden rücken Gesundheit und Wellness in den Vordergrund. Angebote, die diese Aspekte unterstützen, können attraktiv für die Generation 55+ sein. Beispiele sind Gesundheitschecks, Präventionsprogramme, Fitnessstudio-Mitgliedschaften oder Gesundheitskurse.

3. Zielgerichtete Weiterbildungsangebote für Generation 55+

Weiterbildungskonzepte für lebenslanges Lernen, die sowohl fachliche als auch technologische Weiterbildung umfassen, helfen der Generation 55+, ihre Fähigkeiten aktuell zu halten und sich an den sich schnell entwickelnden Arbeitsmarkt anzupassen. Weiterbildung vermittelt auch Sicherheit und Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

4. Mentoring- und Wissenstransferprogramme

Nutzen Sie die Erfahrung der Generation 55+, indem Sie Mentoring-Programme einführen, in denen diese ihr Wissen und ihre Erfahrungen an jüngere Mitarbeiter weitergeben können. Dies stärkt nicht nur die Zusammenarbeit zwischen den Generationen, sondern gibt den Älteren auch ein Gefühl von Wertschätzung und Zugehörigkeit. Auch „Reverse Mentoring“ ist eine Option. Hier werden die Rollen getauscht. Ein junger Mensch stellt dem älteren Menschen seine Kenntnisse und Kompetenzen zur Verfügung. Gerade bei technischem Knowhow ist dieses Modell gut geeignet.

Mehr zum Thema Mentoring lesen Sie hier.

5. Anerkennung und Wertschätzung

Die Generation 55+ wünscht sich, wie alle anderen Generationen auch, dass ihre Leistungen und ihre Erfahrung wertgeschätzt und gebraucht werden. Führungskräfte, die auf die individuellen Leistungen und den Beitrag zum Unternehmenserfolg eingehen, fördern die Motivation und Bindung.

6. Beraterrollen nach dem regulären Ausstieg

Bieten Sie Beraterverträge für ältere Mitarbeiter, die sich dem Ruhestand nähern. Diese Option ermöglicht es den Rentnerinnen und Rentnern, weiterhin einen Beitrag zu leisten und bietet flexible Lösungen für das Unternehmen.

7. Unterstützung bei der Ruhestandsplanung

Plötzlich in Rente. Wer den Loriot-Film „Papa ante Portas“ kennt, weiß, welche Irrungen und Wirrungen das mit sich bringen kann. Beratung zur finanziellen und zur Lebens- und Sinn-Planung für einen gelungenen Übergang in den Ruhestand können eine wichtige Unterstützung darstellen. Durch Coaching und Beratungsangebote können Unternehmen einen sanften Übergang in den Ruhestand vorbereiten und gleichzeitig die Verbundenheit mit dem Arbeitgeber festigen.

8. Anpassung der Arbeitsbelastung und -verantwortung

Eine eventuelle Anpassung der Arbeitsbelastung und -verantwortung kann in offenen und lösungsorientierten Mitarbeitergesprächen abgestimmt werden. Es geht darum, Überforderung zu vermeiden und einen gesunden Ausgleich zu schaffen. Denn permanente Überforderung führt in der Regel zu Fehlzeiten und treibt Menschen in den vorzeitigen Ruhestand. Hier sind Führungskräfte gefragt, die aufmerksam das regelmäßige Gespräch mit den Mitarbeitenden der Generation 55+ suchen.

9. Tandems und gemischte Teams

Die Förderung von altersgemischten Teams schafft die Möglichkeit für informelles Lernen zwischen den Generationen. In solchen Teams profitieren Alt und Jung voneinander.

10. Arbeitsplatzgestaltung

Achten Sie auf Arbeitsplätze, die den Bedürfnissen älterer Arbeitnehmer angepasst sind, zum Beispiel durch gute Beleuchtung, höhenverstellbare Tische und Stühle oder ergonomische Tastaturen.  So können arbeitsbedingte Fehlbelastungen, vor allem im Alter, vermieden werden.

11. Soziale und kulturelle Aktivitäten

Babyboomer schätzen Teamarbeit und den persönlichen Austausch im beruflichen Umfeld. Fördern Sie eine Arbeitskultur, in der alle Generationen respektiert und eingebunden werden. Dazu gehören z.B. die Organisation von sozialen Veranstaltungen, Ausflügen oder kulturellen Aktivitäten, die den Zusammenhalt fördern und Interessensgebiete der Generation 55+ ansprechen.

Welche Vorteile ergeben sich für Führungskräfte, wenn sie die Generation 55+ gezielt in ihre Teams einbinden?

Stabilität und Kontinuität

Ältere Team-Mitglieder tragen zur Stabilität und Kontinuität bei, indem sie während Übergangsphasen und Veränderungsprozessen eine wichtige Rolle spielen. Ihre Kenntnis vergangener Herausforderungen und Lösungsstrategien kann dem Unternehmen helfen, Fehler zu vermeiden und sich schneller anzupassen.

Arbeitsmoral und Zuverlässigkeit

Die Loyalität zum Unternehmen und das Engagement der Generation 55+ können eine positive Wirkung auf das gesamte Team haben und die Unternehmenskultur stärken. Die Älteren dienen damit als Vorbilder in Bezug auf Professionalität, Pünktlichkeit und Ethik. Ihre Werte und ihr Verhalten können positiv zur Unternehmenskultur beitragen und als Maßstab für jüngere Mitarbeiter dienen.

Ausbildung und Einarbeitung der neuen Generationen

Die Einarbeitung neuer Team-Mitglieder ist zeit- und kostenintensiv. Die Generation 55+ kann durch ihr Wissen und durch ihre Erfahrung an dieser Stelle einen wertvollen Beitrag leisten. Voraussetzung dafür ist eine konstruktive Kritik- und Konfliktkultur.

Sicherung von Kunden- und Lieferantenbeziehungen

Ältere Mitarbeiter haben oft langjährige Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern aufgebaut. Diese Beziehungen können für die Kundenbindung und die Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten entscheidend sein. Die Herausforderung besteht darin, altersgemischte Tandems zu bilden, die einen reibungslosen Übergang ermöglichen.

Fazit: Die Generation 55+ ist nicht „alt“

„Solange man neugierig ist, kann einem das Alter nichts anhaben.“

Kurt Marti

Ein wahres Wort, denn Alter ist ein relatives Empfinden. Die Förderung und Bindung der Generation 55+ bietet eine Vielzahl von Vorteilen, die die Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und Resilienz des Unternehmens stärken. Führungskräfte können diese wertvolle Ressource nutzen und somit gezielt Win-Win-Situationen für alle Beteiligten generieren.

Bildquelle: Image by rawpixel.com on Freepik

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