Fluktuation - Kosten und Vermeidungsstrategien

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Fluktuation: Die wahren Kosten und 7 Tipps zur Senkung

Fluktuation ist das Maß für die personelle Bewegung in einem Unternehmen. Dafür wird erfasst, wie viele Mitarbeitende das Unternehmen verlassen und wie viele neue hinzukommen.

Was die Austritte anbelangt, so ist der häufigste Grund für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses die Kündigung seitens des Mitarbeitenden.

Es ist immer bedauerlich, wenn ein bewährtes Team-Mitglied kündigt. Doch was bedeutet das eigentlich in Euro und Cent für Ihr Unternehmen?

Die kurze Antwort lautet: Mehr, als viele vermuten. Eine ausführliche Betrachtung und Tipps für die Senkung der Fluktuationsrate, finden Sie in diesem Artikel.

Arten von Fluktuation

Die Fluktuationsrate setzt sich aus verschiedenen Formen der Fluktuation zusammen. So unterscheidet man:

  • Natürliche Fluktuation: Der Arbeitsvertrag endet, zum Beispiel durch den Eintritt in den Ruhestand und das Auslaufen eines Ausbildungsverhältnisses oder eines befristeten Vertrags.
  • Freiwillige Fluktuation: Mitarbeitende kündigen selbst, zum Beispiel wegen Unzufriedenheit oder besseren Angeboten von anderen Unternehmen
  • Unfreiwillige Fluktuation: Das Unternehmen kündigt dem Mitarbeitenden, zum Beispiel betriebsbedingt, personen- oder verhaltensbedingt.
  • Frühfluktuation: Kündigungen in den ersten 6–12 Monaten, auf die sich ein besonders kritischer Blick lohnt.  

Gibt es eine „gesunde“ Fluktuation?

Eine gewisse Fluktuation ist ganz normal und sogar nützlich, weil dadurch auch frische Impulse von außen kommen und Entwicklungsmöglichkeiten für bestehende Mitarbeitende entstehen.

In Deutschland liegt die durchschnittliche Fluktuationsrate über alle Beschäftigten und Branchen hinweg laut Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft bei rund 33 Prozent.

So hoch liegen wir zum Glück bei weiten nicht, werden Sie jetzt vielleicht denken. Richtig, dieser Wert ist hoch, ist jedoch ein Durchschnitt. Durchschnitte sind geduldig und daher lohnt sich ein differenzierter Blick. Branchen mit einer traditionell weit überdurchschnittlichen Fluktuation wie die Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit), Landwirtschaft, Gastronomie, Baugewerbe, Handel oder Gesundheitswesen, drücken den Durchschnitt nach oben. Naturgemäß hoch ist auch die Fluktuationsrate bei Mitarbeitenden bis 24 Jahre. Der Einstieg in das Arbeitsleben und Jobwechsel im Zuge einer beruflichen Neu- oder Umorientierung sind hier als normale Orientierungsprozesse zu werten.

Nimmt man all diese Spitzenwerte heraus, liegt eine „gesunde“ Fluktuationsrate für ein Unternehmen zwischen 5 % und 10 % pro Jahr. Das heißt, wenn von 100 Mitarbeitenden etwa 5 bis 10 das Unternehmen verlassen, ist das nicht besorgniserregend.

Erst wenn die Quote über 15 % steigt – insbesondere bei Schlüsselpositionen oder in kurzer Zeit – wird sie problematisch und kann auf strukturelle Probleme hindeuten, zum Beispiel eine ungesunde Führungskultur, andauernde Überlastung der Mitarbeitenden oder mangelnde Perspektiven.

Fluktuation bringt Kosten mit sich und diese Kosten sind nicht immer auf den ersten Blick sichtbar. Sicher ist, Fluktuation kostet mehr, als man denkt, und es lohnt sich daher, diese Kosten einmal genauer aufzuschlüsseln.

Was gehört alles zu den Fluktuationskosten?

Fluktuationskosten sind all jene Ausgaben, die durch den Weggang und die Neubesetzung von Mitarbeitenden entstehen. Klingt erst mal nach ein paar Stellenausschreibungen und einem Vorstellungsgespräch, oder?

In Wahrheit handelt es sich um einen ganzen Rattenschwanz an direkten und indirekten oder versteckten Kosten. Grob lassen sich Fluktuationskosten in vier Kategorien einteilen:

  1. Austrittskosten
  2. Such- und Auswahlkosten
  3. Eintrittskosten
  4. Opportunitätskosten

Lassen Sie uns im Folgenden einen genauen Blick auf die vier Kategorien werfen.

Direkte und indirekte Austrittskosten – Scheiden tut weh!

Durch eine Kündigung können direkte Austrittskosten entstehen, zum Beispiel durch Abfindungen im Falle einer unternehmensseitigen Kündigung oder eines Auflösungsvertrags, durch Entgeltfortzahlungen bei Freistellungen, durch Anwalts- oder Gerichtskosten bei einer strittigen Kündigung oder Resturlaubsauszahlungen.

Die Fluktuation verursacht weiterhin auch indirekte Austrittskosten, denn jeder Austritt  bringt einen Arbeitsaufwand mit sich. Dazu gehört zum Beispiel die verwaltungstechnische Bearbeitung der Kündigung, IT-Kosten, das Schreiben eines Zeugnisses oder das Führen von Exit- und -Übergabegesprächen. Bei dem bestehenden Team kann es zu Mehrarbeit und Überstunden kommen, die ebenfalls Kosten verursachen. Hinzu kommt mitunter ein Leistungsverlust beim ausscheidenden Mitarbeitenden, denn das Engagement kann nachlassen, sobald die Kündigung ausgesprochen ist.

Praxis-Tipp zum Offboarding

Gestalten Sie den Offboarding-Prozess strukturiert. Ein wertschätzendes Exit-Gespräch kann wertvolle Hinweise liefern und hält die Tür offen, wenn der Mitarbeitende doch eines Tages zurückkehren möchte. Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Offboarding lesen Sie hier.

Such- und Auswahlkosten: Personalsuche ist teuer

Die direkten Suchkosten für Stellenanzeigen, Personalberatungen und Head Hunter lassen sich klar beziffern.

Die indirekten Kosten für die Suche und Auswahl sind nicht zu unterschätzen. Der Zeitaufwand, der für das Verfassen von Stellenanzeigen oder das Entwerfen von Recruiting Kampagnen, für Active Recruiting, die Beantwortung von Anfragen, die Sichtung von Unterlagen, das Führen von Vorstellungsgesprächen und für interne Abstimmungen entsteht, wird selten gemessen. Doch diese Zeit belastet sowohl die Personalabteilung, als auch die Fachabteilung und ist der Grund, dass andere Themen liegen bleiben oder Kollegen Überstunden schieben.

Praxis-Tipp zur Personalsuche

Ein klar definierter und standardisierter Rekrutierungsprozess spart nicht nur Zeit, sondern auch Nerven. Viele Tipps für strukturierte Bewerbungsgespräche finden Sie hier.

Direkte und indirekte Eintrittskosten: Neues Gesicht, neue Rechnung

Eine Neubesetzung nach einer Fluktuation verursacht in der Regel direkte Eintrittskosten. Oft bekommt der neue Mitarbeitende ein höheres Gehalt, als es der ausgeschiedene Mitarbeitende hatte. Auch die Einrichtung des Arbeitsplatzes und eine neue technische Ausstattung können Kosten verursachen. Oft schlagen zudem Schulungen und gegebenenfalls auch Reise- oder Umzugskosten zu Buche.

Nicht zu vergessen sind die indirekten Eintrittskosten, etwa für die Vertragserstellung und für Meldungen, IT-Aufwand und für die Erstellung eines Einarbeitungsplans. Weiterhin ist zu beachten, dass das neue Team-Mitglied eine Einarbeitungszeit braucht. Diese geht naturgemäß mit einer geringeren Produktivität einher und bindet personelle Ressourcen bei den Führungskräften, Kolleginnen und Kollegen, Patinnen und Paten, Mentorinnen und Mentoren. Die volle Leistungsfähigkeit eines neuen Mitarbeitenden ist, abhängig von seinem Aufgabengebiet, meist erst nach 6 bis 12 Monaten erreicht. Diese versteckten Eintrittskosten lassen die Eintrittskosten in vielen Fällen zum größten Kostenblock werden.

Praxis-Tipp zum Onboarding

Das Onboarding ist eine Investition, die unverzichtbar ist. Die Zeit, die dafür verwendet wird, zahlt sich doppelt aus: Die Lernkurve wird kürzer und die Bindung ans Unternehmen steigt. Tipps für ein erfolgreiches Onboarding und zur Gestaltung des ersten Arbeitstags finden Sie hier.

Opportunitätskosten: Die unsichtbare Kostenfalle der Fluktuation

Hinter den Opportunitätskosten verbergen sich diverse, versteckte Kosten. Im Fall der Mitarbeiterfluktuation beschreiben die Opportunitätskosten alles, was dem Unternehmen entgeht, wenn die betreffenden Mitarbeitenden nicht im Unternehmen bleiben.

Hier sind einige Beispiele:

  • Mit den ausscheidenden Mitarbeitenden gehen auch geschäftliche Beziehungen und Kundenkontakte verloren.
  • Das Unternehmen verliert Know-how, das im schlimmsten Fall zur Konkurrenz übergeht.
  • Eventuell entstehen Kosten für teure Zeitarbeits- oder Interimskräfte, die zur Überbrückung von Personalengpässen nach Kündigungen eingesetzt werden.
  • Unter Umständen müssen Teams umstrukturiert und Rollen neu verteilt werden. Jede Umstrukturierung kostet im ersten Schritt Zeit und Geld.
  • Angefangene Projekte können durch den Weggang eines Mitarbeitenden verzögert werden oder sogar unvollendet bleiben.
  • Kündigungen können das Betriebsklima empfindlich stören. Die Gerüchteküche brodelt, Menschen hinterfragen verstärkt die Attraktivität ihres Arbeitsplatzes, die Motivation leidet.
  • Nicht selten wirkt eine Kündigung „ansteckend“ und zieht weitere Kündigungen nach sich. Das kann dann richtig teuer werden.

Praxis-Tipp für Führungskräfte

Suchen Sie gerade nach einer Kündigung die Nähe zum Team. Halten Sie regelmäßig Gespräche mit allen Team-Mitgliedern und zeigen Sie sich als verlässlicher Ansprechpartner in Zeiten von Umstrukturierungen. Wer früh erkennt, was Mitarbeitende beschäftigt, kann der Fluktuation oft vorbeugen.

Wie hoch sind die Fluktuationskosten in der Summe?

Eine pauschale Antwort gibt’s nicht, denn die Fluktuationskosten variieren stark. Man kann als Faustformel sagen, je höher die Qualifikation der Position ist, desto höher sind die Fluktuationskosten. Weiterhin sind die Fluktuationskosten von der Branche, Position und Unternehmenssituation abhängig. Folgenden Richtwert konnten wir aufgrund der Erkenntnisse verschiedener Quellen und Studien ermitteln:

Fluktuationskosten = 90 % bis 200 % des Jahresgehalts einer Person

Laut Personio, einem führenden Anbieter von HR-Software, liegen die Fluktuationskosten bei Leistungsträgern bei ca. 120 Prozent seines Jahresgehalts. Sage, ein führender Anbieter von Software-Lösungen für Buchhaltung, HR und Lohnabrechnung für kleine und mittelständische Unternehmen, gibt eine Bandbreite von 90 % bis 200 % des Jahresgehalts an. Die Gallup-Studien gehen bei Schlüsselpositionen von 200 % oder mehr aus, wenn Know-how und Kundenbeziehungen verloren gehen. Laut Personio fällt der Löwenanteil von ca. 50 Prozent dabei auf die Einarbeitungskosten im ersten Jahr.

Möchten Sie genau ausrechnen, was die Fluktuation Ihrem Unternehmen kostet?  

Eine einfache Formel für die Fluktuationskosten lautet:

Fluktuationskosten = Kosten pro Fluktuationsfall × (Anzahl Mitarbeitende × Fluktuationsrate)

Nehmen wir ein Beispiel: Ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden und einer Fluktuationsrate von 10 % kommt bei durchschnittlichen Kosten pro Fluktuationsfall von  80.000 € bei 10 Fluktuationsfällen damit auf Gesamtkosten von 800.000 € pro Jahr.

Fazit: Bleiben lohnt sich – auch für Ihr Budget

Mitarbeiterbindung ist kein Feelgood-Thema, sondern eine strategische Investition. Je besser Sie die wahren Kosten der Fluktuation kennen, desto gezielter können Sie gegensteuern.

7 Tipps zur Senkung der vermeidbaren Fluktuation

Hier sind einige praxisnahe Tipps, wie Sie die Mitarbeiterfluktuation nachhaltig senken können. Viele davon kosten kein Vermögen, zahlen sich aber doppelt aus in Zufriedenheit, Loyalität und letztlich auch in Euro.

Nummer 1: Regelmäßige Feedback- und Entwicklungsgespräche führen

Mitarbeitende wollen gesehen werden – und zwar nicht nur, wenn etwas schiefläuft. Planen Sie regelmäßige 1:1-Gespräche ein, in denen es nicht nur um Leistung, sondern auch um Wünsche, Sorgen und Entwicklungsmöglichkeiten geht.

Fragen Sie konkret: „Was müsste passieren, damit Sie auch in zwei Jahren noch gern hier arbeiten?“ „Was sorgt dafür, dass Sie gerne hier arbeiten?“ Was stört Sie oder macht Sie unzufrieden?“

Die Jahresgespräche bieten dafür ein ausgezeichnetes Format und sind unbedingt durch regelmäßige, monatliche Mitarbeitergespräche zu ergänzen. Tipps zum Thema Jahresgespräche lesen Sie hier.

Nummer 2: Klare Karrierepfade und Weiterbildung bieten

Stillstand ist ein Kündigungsgrund. Zeigen Sie auf, wie sich Mitarbeitende im Unternehmen entwickeln können, sowohl fachlich als auch methodisch und persönlich.

Es gibt verschiedene Weiterbildungsformate und es lohnt sich, Formate anzubieten, die für das Unternehmen und die Mitarbeiter zugeschnitten sind. Ausführliche Tipps dazu finden Sie hier.

Denken Sie bei den Karriereplänen nicht nur an die Führungs- sondern auch an die Fachkarriere. Letzte sollte eine gleichberechtigte Option zur Führungslaufbahn sein. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Nummer 3: Marktgerechte und faire Vergütung sicherstellen

Geld ist nicht alles, doch wer dauerhaft unter dem Branchenschnitt liegt, verliert Talente. Transparenz und Fairness schaffen beim Thema Vergütung Vertrauen. Binden Sie Mitarbeitende daher in Gehaltsgespräche ein und erklären Sie, wie sich das Gehalt zusammensetzt. Haben Sie schon über ein leistungsorientiertes Bonussystem nachgedacht? Ideen dazu lesen Sie hier.

Nummer 4: Work-Life-Balance ernst nehmen

Wer die Lebensrealität seiner Mitarbeitenden ernst nimmt und auch berücksichtigt, punktet als attraktiver Arbeitgeber. Menschen suchen nach Arbeitsformen, die es ihnen ermöglichen, ihre privaten und beruflichen Pläne in Einklang zu bringen. Einheitslösungen gibt es in diesem Fall jedoch nicht. Gefragt sind individuelle Modelle.

Sprechen Sie das Thema Work-Life-Balance als Führungskraft mutig und aktiv an. Wie Sie das tun können, lesen Sie hier.

Nummer 5: Sinn und Identifikation stärken

Gerade jüngere Generationen wollen nicht nur einen Job, sondern einen Beitrag leisten. Wer das „Warum“ hinter der Arbeit kennt, bleibt eher.

Kommunizieren Sie daher Ihre Unternehmensziele klar und zeigen Sie, wie jede Rolle zum großen Ganzen beiträgt.

Erklären Sie auch bei einzelnen Aufgaben das Warum und Wofür und geben Sie nicht einfach nur Aufgaben ohne Erklärungen dazu weiter. Das kostet nur wenig mehr Zeit, steigert aber die Motivation, weil es der Aufgabe einen Sinn gibt.

Nummer 6: Fluktuation regelmäßig analysieren

Machen Sie das Thema Fluktuation zur Chefsache. Nur wer weiß, warum Mitarbeitende gehen, kann gezielt gegensteuern. Exit-Gespräche sind Pflicht, noch besser ist es, Probleme vorher zu erkennen.

Proaktive Führung erkennt Unzufriedenheiten frühzeitig und kann so dazu beitragen, die Fluktuation zu senken. Wie das genau geht, lesen Sie hier. 

Nummer 7: Gute Führung fördern und Fluktuation reduzieren

Menschen verlassen selten Jobs – sie verlassen Führungskräfte. Investieren Sie in die Führungskompetenz Ihrer Führungskräfte: Kommunikation, Empathie, Konfliktlösung und Feedbackkultur.

Führungskräfte-Training, Coaching oder Peer-Learning-Formate zahlen sich schnell aus – messbar anhand sinkender Kündigungszahlen.

Als Partner in der Personalentwicklung stärken wir Führungskräfte in KMU mit Seminaren und mit Coaching. Zahlreiche Methoden und Führungskompetenzen erhalten Sie in den BEITRAINING Seminaren Erfolgreiche Mitarbeiterführung (LYT) und Praxisorientiertes Führen (QSL).

Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne!

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