Coachend führen

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Coachend führen: Grenzen und Möglichkeiten

Wer coachend führen kann, trifft als Führungskraft den Zeitgeist. Denn eine  Führungskraft als Coach ist ein Wunsch, der verstärkt von Mitarbeitenden geäußert wird. Das wirft eine zentrale Frage auf: Kann eine Führungskraft überhaupt gleichzeitig Coach sein? Die klare Antwort lautet: Nein! Aber sie kann sehr wohl „coachend führen“. Was zunächst widersprüchlich klingt, lässt sich auflösen, wenn wir genauer auf die Rollen, Erwartungen und Möglichkeiten blicken.

Warum Führungskraft und Coach unterschiedliche Rollen sind

Ein Coach agiert per Definition neutral, allparteilich und hierarchiefrei. Er oder sie stellt Fragen und begleitet einen Prozess, ohne eigene Ziele zu verfolgen.

Eine Führungskraft hingegen hat klare Interessen und Ziele, die mit der Unternehmensstrategie und den Unternehmenszielen verknüpft sind. Sie trägt Verantwortung für Leistung, Verhalten und Ergebnisse ihrer Mitarbeitenden. Damit kann sie nicht neutral, ergebnisoffen und allparteilich sein.

Daraus entsteht ein grundlegender Rollenkonflikt, wenn die Führungskraft versucht, Coach im klassischen Sinne zu sein. Mitarbeitende können sich nicht völlig öffnen, wenn sie wissen, dass dieselbe Person am Ende über Gehalt, Karrierechancen oder gar Kündigungen entscheidet.

Das klassische Coaching erfolgt weiterhin auf der Basis von Freiwilligkeit. Ein Coach benötigt bei seiner Arbeit oft ein hohes Maß an Vertrauen. In manchen Fällen kann es schwierig sein, dieses Vertrauen bedingungslos zu schenken, wenn die Person auch die Rolle des Vorgesetzten einnimmt.

Es gibt daher Themen, bei denen ein externes Coaching sinnvoll ist, zum Beispiel bei Konflikten mit der Führungskraft selbst oder bei tiefgreifenden Veränderungsprozessen.

Unternehmen tun gut daran, zu erkennen, wo die Grenze liegt und wo Coaching durch Dritte den besseren Raum für Entwicklung bietet.

Was bedeutet „coachend führen“?

Auch wenn eine Führungskraft nicht neutral und hierarchiefrei sein kann, kann sie Elemente des Coachings in ihren Führungsstil integrieren und dadurch ihre Mitarbeitenden besser begleiten, fördern und entwickeln.

Coaching ist eine Form der Unterstützung, bei der die gecoachte Person stets als  Experte für ihre Interessen gesehen wird. Ein Coach fördert deren Selbstkompetenz durch gezielte Fragen und die Stärkung der Selbstreflexion. So soll die Person aus eigener Kraft Schlüsse ziehen und Entscheidungen treffen können.

„Coachend führen“ bedeutet somit, dass eine Führungskraft die Mitarbeitenden ermutigt, selbst Verantwortung zu übernehmen, Lösungen zu finden und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, um ihr volles Potenzial zu entfalten.

Was sind die Merkmale eines coachenden Führungsstils?

  • Förderung von Selbstverantwortung: Mitarbeitende werden ermutigt, selbstständig Lösungen zu erarbeiten und Entscheidungen zu treffen.
  • Unterstützung der persönlichen und beruflichen Entwicklung: Die Führungskraft hilft den Mitarbeitenden, ihre Stärken zu erkennen, Ziele zu setzen und diese zu erreichen.
  • Konstruktives Feedback: Regelmäßiges, aufbauendes Feedback, das zur Ver-besserung motiviert und nicht nur Fehler aufzeigt.
  • Fragen stellen statt Anweisungen geben: Statt direkt Anweisungen zu erteilen, stellt die Führungskraft Fragen, die zum Nachdenken anregen und zur eigenen Lösungsfindung führen.
  • Reflexion anregen: Statt zu bewerten und zu beurteilen, kann eine Führungskraft die Selbstreflexion anregen und so einen langfristigen Beitrag dazu leisten, Potenziale zu entwickeln.
  • Vertrauensvolle Beziehung: Es wird eine offene und vertrauensvolle Kommunikation gefördert, bei der die Bedürfnisse und Herausforderungen der Mitarbeitenden ernst genommen werden.

Bittet eine Mitarbeiterin beispielsweise um Unterstützung bei einer Projektentscheidung, kann die Führungskraft mit Fragen antworten, die die Problemlösungskompetenz stärken: Anstatt ihr zu sagen, was zu tun ist, fragt die Führungskraft: Welche Optionen sehen Sie? Was wäre der beste Weg für unser Ziel? Was lässt Sie zögern, eine Entscheidung zu treffen? Welche Vor- und Nachteile sehen Sie bei den verschiedenen Optionen?

Coachend führen – das sind die Vorteile

Wenn die Führungskraft als Coach agiert, entstehen Chancen, die diesen Führungsstil besonders attraktiv machen.

  • Erhöhte Motivation und Engagement der Mitarbeitenden durch die Förderung von Eigenverantwortung und persönlicher Entwicklung.
  • Bessere Problemlösungsfähigkeiten, da Mitarbeitende selbst an der Lösungsfindung beteiligt sind.
  • Höhere Zufriedenheit und Bindung, da die Mitarbeitenden das Gefühl haben, dass ihre Bedürfnisse und Ziele ernst genommen werden.
  • Langfristige Leistungssteigerung, da Mitarbeitende kontinuierlich gefördert und entwickelt werden.
  • Höhere Attraktivität des Arbeitsplatzes, denn dieser Führungsstil kommt besonders bei jungen Menschen gut an.

Coachend führen – Eine Frage der Haltung

Ein Coach wendet bei seiner Arbeit sogenannte „Tools“ an, also Techniken und Methoden, um Themen zu visualisieren, spürbar und begreifbar zu machen. Diese Tools sind hilfreich, doch im Kern ist Coaching eine Frage der inneren Haltung. Ein guter Coach respektiert stets die Selbstkompetenz seiner Klienten und agiert wertschätzend auf Augenhöhe. Die Führungskraft schafft so einen Raum, in dem andere ihren Weg finden können. Genau diese Haltung braucht auch die Führungskraft, wenn sie coachend führen möchte. In der großen Werkzeugkiste der Coaching-Tools werden auch Führungskräfte fündig werden. Hier sind einige Anregungen.

7 Tools für einen coachenden Führungsstil

Es gibt eine Vielzahl von Coaching-Tools, die Führungskräfte nutzen können. Hier sind einige nützliche Tools und Methoden.

Tool Nummer 1: Talent-Profil und Stärken-Entwicklung

Ein Coach eruiert Stärken und Potenziale. Daher können Talent-Profile, wie z.B. das ACES-Profil von BEITRAINING, genutzt werden, um Mitarbeitende gezielt zu fördern, ihre Talente zu erkennen und ihre berufliche Entwicklung zu unterstützen. Talent-Profile bilden daher eine hervorragende Gesprächsgrundlage für entwicklungsorientierte Gespräche zwischen der Führungskraft und dem Teammitglied.

In einem solchen Gespräch können dann die Stärken besprochen werden und Wege gefunden werden, wie diese im Arbeitsalltag eingesetzt werden können. Fragen Sie zum Beispiel: „Wie könnten Sie Ihr Organisationstalent einsetzen, um die Abläufe in unserem Projekt zu optimieren?“

Identifizieren Sie dabei auch Lernfelder oder Fähigkeiten, die entwickelt werden können und unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden bei der Auswahl geeigneter Schulungen.

Tool Nummer 2: Fragetechniken – Kernelement des coachenden Führungsstils

Die Fähigkeit, Menschen zum richtigen Zeitpunkt die passenden Fragen zu stellen, ist eine wertvolle Führungskompetenz. Sie zu üben und zu erweitern, lohnt sich in jedem Fall.

Eine Struktur kann helfen, die eigenen Fragetechniken zu vertiefen. Dazu können wir Fragen zu folgenden Themenfeldern vorbereiten. Coaches arbeiten gerne mit drei Kategorien von Fragen:

1. Problemorientierte Fragen

Diese Fragen helfen dabei, ein tieferes Verständnis der Herausforderungen zu erlangen. Sie sind notwendig, um das Problem zu verstehen und so den Raum für Lösungen zu öffnen. Hier einige Beispiele für problemorientierte Fragen:

  • Was genau ist das zentrale Problem, das Sie sehen?
  • Wann und wo taucht es auf?
  • Wie wirkt sich dieses Problem auf Ihre Arbeit oder das Team aus?
  • Was haben Sie bereits unternommen, um das Problem zu lösen?
  • Welche Hindernisse sind Ihnen dabei begegnet?
  • Was könnte passieren, wenn das Problem nicht gelöst wird?
  • Gibt es bestimmte Auslöser oder Situationen, die das Problem verschärfen?
  • Welche Konsequenzen hat das Problem für Ihre Ziele oder Prioritäten?

2. Lösungsorientierte Fragen

Diese Fragen unterstützen dabei, den Fokus auf Lösungen und positive Ergebnisse zu lenken. Dabei kann ein Perspektivwechsel hilfreich sein. Nutzen Sie zum Beispiel diese Fragen:

  • Wie könnte eine ideale Lösung für Sie aussehen?
  • Welche ersten Schritte könnten Sie sofort unternehmen, um das Problem anzugehen?
  • Wer könnte Ihnen helfen, eine Lösung zu finden?
  • Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Situation zu verbessern?
  • Was wäre ein kleiner, aber wirkungsvoller Schritt in die richtige Richtung?
  • Was ist das Beste, das passieren könnte, wenn die Lösung gelingt?

3. Ressourcenorientierte Fragen

Diese Fragen fördern den Zugang zu vorhandenen Stärken, Fähigkeiten und Unterstützungsquellen. Hier einige Beispiele

  • Welche Ihrer bisherigen Erfahrungen könnten Ihnen in dieser Situation helfen?
  • Welche Stärken oder Fähigkeiten können Sie hier gezielt einsetzen?
  • Haben Sie ähnliche Situationen in der Vergangenheit gemeistert? Wie haben Sie das geschafft?
  • Was motiviert Sie, eine Lösung zu finden?
  • Welche Unterstützung benötigen Sie, um Ihre Ressourcen besser zu aktivieren?

Mehr zum Thema Fragetechniken für Führungskräfte lesen Sie hier.

Tool Nummer 3: Konstruktives Feedback als Wachstumsbooster beim coachenden Führungsstil

Feedback spielt eine zentrale Rolle im coachenden Führungsstil, da es eine Grundlage für Wachstum, Entwicklung und Selbstreflexion schafft. Es hilft Mitarbeitenden, ihre Stärken zu erkennen, an Schwächen zu arbeiten und eigenständig Lösungen zu finden. Konstruktives Feedback stärkt das Selbstbewusstsein und motiviert Mitarbeitende, sich neuen Aufgaben zu stellen.

Wie Sie eine Kritik konstruktiv aussprechen und wie Sie die Kritikfähigkeit in Ihrem Team insgesamt verbessern können, lesen Sie hier.

Auch Loben will übrigens gelernt sein. Tipps, um glaubwürdig Lob und Anerkennung zu geben, finden Sie hier.

Tool Nummer 4: Coaching mit SMART-Zielen

Ziele sind für den coachenden Führungsstil wichtig, da sie Orientierung geben und die Mitarbeitenden motivieren, sich eigenverantwortlich weiterzuentwickeln. Ziele helfen, Prioritäten zu setzen und die Arbeit auf die wichtigsten Aufgaben auszurichten. Sie bieten eine Grundlage, um den Fortschritt objektiv zu bewerten und Erfolge sichtbar zu machen. Ziele schaffen einen Sinn, was die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden stärkt.

Führungskräfte können die SMART-Methode nutzen, um mit ihren Mitarbeitern realistische Ziele zu formulieren und den Fortschritt zu verfolgen.

Wie die SMART-Methode genau funktioniert, lesen Sie ganz ausführlich hier.

Tool Nummer 5: Entwicklungspläne und Weiterbildung

Entwicklungspläne helfen Mitarbeitenden, langfristige Ziele zu setzen und ihre Karriere und persönliche Entwicklung zu planen. Ein coachender Führungsansatz legt Wert darauf, die Mitarbeitenden auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten und ihre Motivation durch kontinuierliches Lernen zu steigern.

Wichtig ist dabei, die Entwicklungspläne individuell zu gestalten. Jeder Mitarbeitende hat unterschiedliche Stärken, Interessen und Entwicklungsfelder. Individuelle Pläne erhöhen die Relevanz und Effektivität. Führen Sie Gespräche, um die persönlichen Ziele und Wünsche der Mitarbeitenden zu verstehen. Fragen Sie zum Beispiel: „Welche Fähigkeiten möchten Sie in den nächsten Monaten weiterentwickeln, um Ihre Karriereziele zu erreichen?“

Weiterhin ist es sinnvoll, die Lernformate auf den Mitarbeitenden abzustimmen.Nicht jeder lernt auf dieselbe Weise. Seminare, E-Learning, On-the-Job-Training oder Mentoring-Programmen, bieten Sie wenn möglich unterschiedliche Lernformate an.

Lernen ist nur dann nachhaltig, wenn das Erlernte unmittelbar im Arbeitsalltag angewandt werden kann. Geben Sie Mitarbeitenden Projekte oder Aufgaben, bei denen sie neue Fähigkeiten einsetzen können.

Tool Nummer 6: Regelmäßige Mitarbeitergespräche als ständiger Raum für coachende Führung

Regelmäßige Mitarbeitergespräche sind ein Kernbestandteil des coachenden Führungsstils, da sie eine Plattform für offene Kommunikation, persönliche Entwicklung und gegenseitiges Verständnis bieten. Sie schaffen ein Umfeld, in dem Mitarbeitende wachsen können und sich sowohl wertgeschätzt als auch unterstützt fühlen.

Regelmäßige, monatliche Gespräche zeigen, dass die Entwicklung der Mitarbeitenden ein kontinuierlicher Schwerpunkt ist.

Mitarbeitergespräche sollten auf Wachstum und Fortschritt ausgerichtet sein, nicht nur auf Alltagsprobleme. Besprechen Sie nicht nur operative Themen, sondern auch langfristige Entwicklungsziele und Perspektiven.

Mitarbeitergespräche sind weiterhin ein Dialog, keine Einbahnstraße. Feedback der Mitarbeitenden ist essenziell für die eigene Führung. Ermutigen Sie die Mitarbeitenden, auch Ihnen Feedback zu geben, und zeigen Sie Offenheit für Kritik.

Tool Nummer 7: Prioritäten setzen

Coachend führen bedeutet auch Unterstützung beim Zeit- und Prioritätenmanagement anzubieten, da sie den Mitarbeitenden hilft, ihre Aufgaben effektiv zu bewältigen und gleichzeitig eine gesunde Work-Life-Balance zu wahren. Dies fördert nicht nur die Produktivität, sondern auch das Wohlbefinden und die langfristige Motivation der Mitarbeitenden.

Werkzeuge wie eine strukturierte To-do-Liste, die Arbeit nach ABC-Prioritäten oder die Eisenhower-Matrix können dabei helfen.

Fazit: Die Führungskraft als Coach – nein, coachend führen – ja unbedingt?

Die gute Nachricht: Eine moderne Führungskraft muss nicht Coach sein, um ihre Mitarbeitenden wirksam zu entwickeln. Im Gegenteil, der Versuch, beide Rollen zu vereinen, kann mehr schaden als nutzen.

Doch wer die Haltung und Werkzeuge des Coachings in seine Führung integriert, stärkt Verantwortung, Lernbereitschaft und Selbstwirksamkeit im Team.

So entsteht ein Führungsstil, der auf Augenhöhe, Vertrauen und Entwicklung basiert – ohne die Klarheit der Führungsrolle zu verlieren.

Als Partner in der Personalentwicklung stärken wir Führungskräfte in KMU mit Seminaren und mit Coaching. Zahlreiche Methoden und Führungskompetenzen erhalten Sie in den BEITRAINING Seminaren Erfolgreiche Mitarbeiterführung (LYT) und Praxisorientiertes Führen (QSL).

Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gerne!

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