Der Wechsel von der Fach- zur Führungskraft ist ein bedeutender Karriereschritt. Die Fachaufgaben gehen der angehenden Führungskraft dabei meist leicht von der Hand. Sie ist oft die beste Fachkraft im Team, was zur Beförderung führt.
Nun ändert sich die Rolle und damit auch die Aufgabenbereiche. Neue Prioritäten müssen gesetzt werden. Wer den Rollenwechsel bewusst und aktiv gestaltet, kann viele Fallstricke, die gerade am Anfang des Weges lauern, umgehen.
Wie wird man Führungskraft?
Es gibt verschiedene Wege, wie Menschen zur Führungskraft werden. Manche gründen ein eigenes Unternehmen, manche treten eine Unternehmensnachfolge an, andere bewerben sich aktiv für eine Führungsposition, nachdem sie sich entsprechend fortgebildet haben.
Die Beförderung von der Fach- zur Führungskraft aufgrund von hervorragenden Fachleistungen ist gerade im Mittelstand ein häufig anzutreffender Weg. Wer konstant überdurchschnittliche Leistung zeigt, durch sein Fachwissen auffällt und Verantwortung übernimmt, erhält die Chance, zur Führungskraft aufzusteigen.
Wenn die beste Fachkraft zur Führungskraft wird
Häufig werden also Menschen in Führungspositionen befördert, weil sie als Fachkraft in ihren operativen Aufgaben besonders gut sind.
Diese Menschen sind zum Beispiel die besten Ingenieure, Steuerberater, Apotheker, Verkäufer, Projektleiter oder Handwerker in ihrem Unternehmen. In ihrem Fachbereich sind sie sehr professionell und erfolgreich und bringen 100 Prozent Leistung.
Nun erhalten sie aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz das Angebot, Führungskraft zu werden. Wer will dazu schon nein sagen, schließlich sind Anerkennung, persönliche Wachstumsperspektiven und ein höheres Gehalt damit verbunden?
Dass sie als Führungskräfte ganz andere Fähigkeiten benötigen und sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit deutlich ändert, wird im Vorfeld der Beförderung oft nicht ausreichend thematisiert, diskutiert und durchdacht.
Nicht immer erhalten die neuen Führungskräfte eine zielgerichtete Unterstützung, Training oder Coaching.
Ein unvorbereiteter Wechsel kann dann dazu führen, dass die neue Führungskraft in ein Dilemma gerät, unzufrieden mit sich selbst und der Situation ist und dadurch mit der Führungsrolle nicht zurechtkommt. Ein Scheitern in der Führungsrolle hat jedoch fatale Folgen, denn ein Zurück in die alte Fachposition ist kaum möglich.
Von der Fach- zur Führungskraft bedeutet einen Verlust der Komfortzone
In ihrer alten Rolle als hervorragende Fachkraft konnte die Führungskraft in einer Komfortzone agieren. Alles lief ihr leicht und sicher von der Hand. Das Selbstvertrauen war entsprechend groß und es gab viel Anerkennung für die guten operativen Leistungen.
Die neue Führungsaufgabe liegt außerhalb der Komfortzone. Selbstvertrauen, Leichtigkeit und Sicherheit fehlen in diesem Aufgabenbereich noch. Schließlich wird man nicht als Führungskraft geboren.
Selbstverständlich kostet es auch Zeit und Energie, sich in die neue Rolle einzuarbeiten. Der Erwerb neuer Fähigkeiten und Kompetenzen ist nun einmal zeitaufwendig. Diese Zeit fehlt der neuen Führungskraft oft, denn es besteht die Erwartungshaltung, dass auch die alten Aufgaben so reibungslos wie bisher weiterlaufen. Diese Erwartungshaltung kann von außen kommen, also von der Führungsspitze des Unternehmens. Oft ist es jedoch auch so, dass die Führungskraft auch von sich selbst erwartet, die gewohnten 100 Prozent im Fachbereich bringen zu wollen.
Gute Vorbereitung bedeutet, sich den Rollenwechsel bewusst zu machen und die neuen Aufgabenbereiche zu kennen. Welche neuen Aufgabenbereiche warten also auf die neue Führungskraft?
Die 5 Aufgabenbereiche einer Führungskraft
Betrachtet man das Berufsbild einer Führungskraft, findet man fünf übergeordnete Aufgabenbereiche, wie die untenstehende Grafik veranschaulicht: Rekrutierung, Training/Mentoring, Mitarbeitermotivation, Team-Verwaltung und der eigene Aufgabenbereich.
Die ersten vier Aufgabenbereiche kommen beim Wechsel von der Fach- zur Führungskraft neu hinzu. Nur die letzte Aufgabe, die Arbeit im eigenen Fachbereich, ist der frisch beförderten Führungskraft vertraut.
Lassen Sie uns die Aufgabenbereiche kurz näher anschauen:
1. Rekrutierung von Teammitgliedern
Auch wenn die Führungskraft bei der Rekrutierung von einer Personalabteilung unterstützt wird, liegt es in ihrer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass ihr Team vollständig ist und die anstehenden Aufgaben in guter Qualität bewältigen kann. Das kann mitunter eine echte Herausforderung sein. Rekrutierung ist somit eine Daueraufgabe, die eine Führungskraft stets im Blick haben sollte.
2. Trainieren & Mentoring
Regelmäßiges, gezieltes, d.h. auf die individuellen Bedürfnisse jedes Teammitglieds abgestimmtes Training ist die Voraussetzung dafür, dass sich Menschen weiterentwickeln und wachsen können. Einarbeitung und Training können intern oder extern erfolgen. Die Führungskraft kann diese Aufgaben also auch delegieren. Sie bleibt jedoch dafür verantwortlich, dass jedes Teammitglied die passende Förderung erhält, um die eigenen Aufgaben bestmöglich erfüllen und um nach und nach immer qualifiziertere Aufgaben übernehmen zu können. Die Weiterentwicklung der Teammitglieder bedingt ein vertrauensvolles Verhältnis und ist mit regelmäßigen Mitarbeitergesprächen verbunden. Diese Führungsaufgabe ist gleichermaßen anspruchsvoll wie erfüllend und lohnend. Die Zeit und Aufmerksamkeit, die sie braucht, ist daher gut investiert.
3. Motivation und Mitarbeiterbindung
Führungskräfte haben mit ihrem Verhalten einen großen Einfluss auf die Motivation ihrer Mitarbeitenden. Im Idealfall schaffen sie es, die intrinsische Motivation zu stärken, indem sie Sinn stiften und die Menschen mit Aufgaben beauftragen, die ihre Stärken zur Geltung kommen lassen. Wenn dies gelingt, ist auch die Chance, den Mitarbeitenden langfristig zu binden, am besten. Natürlich können Führungskräfte begleitend auch gezielt Instrumente nutzen, die die extrinsische Motivation ansprechen, wie zum Beispiel Prämien oder Boni. Motivation und Mitarbeiterbindung kostet ebenfalls Zeit, Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Fingerspitzengefühl. Kontinuierliche Mitarbeitergespräche und ein waches Auge auf die Bedürfnisse der Teammitglieder sind gefragt.
4. Verwalten eines Teams
Jede Führungsrolle enthält auch Verwaltungsarbeiten, wie z.B. die Aufgabenverteilung im Team, Dienstpläne, Reportings, Urlaubsfreigaben, Budgetfreigaben, Steuerung und Kontrolle, etc. Auch für diese Aufgaben braucht die neue Führungskraft zusätzlich Zeit.
5. Eigener Arbeitsbereich
Zu guter Letzt behalten die meisten Menschen, die von der Fach- zur Führungskraft befördert werden, ihre eigenen operativen Aufgaben. Diese sind ihnen vertraut und bekannt. Daher machen viele diese Aufgaben auch weiterhin gerne. Prinzipiell ist es auch wichtig, weiterhin seinen eigenen Aufgabenbereich zu behalten, denn dadurch bleiben sie stets bezüglich der Techniken und Entwicklungen in ihrem Bereich auf dem Laufenden.
Die Gefahr besteht jedoch darin, zu glauben, nach einer Beförderung auch weiterhin die gleichen Leistungen im eigenen Aufgabenbereich erbringen zu können. Dies ist unmöglich, denn dadurch werden die ersten vier Aufgabenbereiche unweigerlich zu kurz kommen.
Von der Fach- zur Führungskraft: Welche Fallstricke lauern?
Der Rollenwechsel bedingt, dass sich die neue Führungskraft ihre Zeit neu einteilen und ihre Prioritäten neu setzen sollte. Wer glaubt, die gewohnte Arbeitsleistung in der Fachposition erbringen zu können, wird schnell in Zeitnot geraten oder zufrieden sein.
Der Anspruch, die operativen Aufgaben der alten Komfortzone im gleichen Ausmaß fortführen zu wollen, kann dazu führen, dass die neuen, noch ungewohnten Führungsaufgaben vernachlässigt werden. Sicherheit und Selbstbewusstsein, die notwendig sind, um in die Führungsrolle zu wachsen, können dann nicht ausreichend entwickelt werden.
Die fehlende Routine weckt Zweifel, der Führungsrolle nicht gewachsen zu sein und fördert damit zusätzlich den Rückzug in die alte Komfortzone. Die neue Führungskraft ist unzufrieden mit ihrer Leistung, denn sowohl der alte Fachbereich als auch die neuen Führungsaufgaben können nicht zu 100 Prozent ausgefüllt werden.
Die Unsicherheit und Unzufriedenheit der Führungskraft können verschiedene ungünstige Verhaltensweisen auslösen, die sich in ihrer Wirkung noch gegenseitig verstärken. So wird zu wenig delegiert, was wiederum Zeitnot und Überstunden auslöst. Mitarbeitergespräche werden nicht ausreichend geführt, was die Führungskraft dazu bringt, nur noch auf Krisen zu reagieren und weiteren Stress verursacht.
Die Verunsicherung der Führungskraft wiederum spürt das Team und das kann dazu führen, dass die neue Führungskraft nicht ausreichend akzeptiert wird. Die Motiviation der Mitarbeitenden sinkt, was weitere Probleme verursacht. Diese Wechselwirkungen können somit zum Teufelskreis werden.
Den Rollenwechsel von der Fach- zur Führungskraft bewusst gestalten
Bei einer Beförderung aus der Fachebene in die Führungsebene können Menschen sich also unsicher fühlen. Die Unternehmensleitung sollte wissen, dass diese Unsicherheit am Anfang normal ist. Daher sollte das Unternehmen die neuen Führungskräfte gewissenhaft auf die neue Rolle vorbereiten.
Diskutieren Sie mit der angehenden Führungskraft offen, ob die Führungskarriere der richtige Weg für sie ist oder ob eine Fachkarriere besser zu ihr passt.
Warum eine Fach- und eine Führungskarriere gleichrangig nebeneinanderstehen sollten, lesen Sie hier.
Wenn die Person eine Führungskarriere anstrebt, spielen Weiterbildung, Coaching, Mentoring und ein solides Netzwerk eine entscheidende Rolle.
Investieren Sie also am besten in die Weiterbildung noch bevor die Beförderung erfolgt, damit die neue Führungskraft optimal auf diese Rolle vorbereitet ist. Begleiten Sie die neue Führungskraft aufmerksam und geben sie ihr die Unterstützung, die sie braucht.
Damit die neue Führungskraft sich gut mit der neuen Führungsrolle auseinandersetzen kann, empfehlen wir diese Übung zur Selbstreflexion:
Von der Fach- zur Führungskraft: Die neuen 100 Prozent
Gehen Sie in drei Schritten vor und analysieren Sie jeden Schritt sorgfältig:
Schritt 1: Wie sah bisher mein Arbeitsbereich aus?
Wieviel Zeit habe ich bisher pro „normaler Arbeitswoche“ für Aufgaben innerhalb meines Fachbereichs verwendet? Listen Sie alle Aufgabenbereiche auf und notieren Sie die Zeit, die Sie dafür pro Woche durchschnittlich aufgebracht haben.
Schritt 2: Wie wird die neue Zeitaufteilung in der Führungsrolle aussehen?
Reflektieren Sie, wieviel Zeit Sie für die neuen Führungsaufgaben einplanen sollten. Nehmen Sie als Grundlage die oben aufgeführten Aufgabenbereiche einer Führungskraft:
- Rekrutierung
Wieviel Zeit plane ich für Gespräche mit Bewerberinnen und Bewerbern?
Wieviel Zeit braucht die Koordination mit der Personalabteilung?
- Training/Mentoring
Wieviel Zeit brauche ich für regelmäßige Mitarbeitergespräche zur Mitarbeiterentwicklung?
Wieviel Zeit brauche ich, um neue Team-Mitglieder einzuarbeiten und für Training-on-the-job? - Motivation und Bindung
Wieviel Zeit brauche ich für Mitarbeitergespräche, Events, Meetings, etc., die mein Team motivieren? - Verwaltung des Teams
Wieviel Zeit brauche ich für die Team-Planung und Team-Organisation?
Wieviel Zeit brauche ich für Reporting, etc.?
Ermitteln Sie die Summe, die pro Woche durchschnittlich für die Mitarbeiterführung notwendig ist.
Schritt 3: Die neuen 100 Prozent
Berechnen Sie Ihre neuen 100 Prozent im Fachbereich, wenn Sie bedenken, wieviel Zeit für Führung notwendig ist:
- Wie viel Zeit bleibt für meinen eigenen, operativen Arbeitsbereich?
- Was kann ich realistischerweise noch von meinen alten operativen Aufgaben behalten?
- Was werde ich delegieren und an wen?
4 Tipps für die mentale Vorbereitung auf die Führungsrolle
Machen Sie sich die Unterschiede bewusst: Als neue Führungskraft übernehmen Sie künftig weniger Fachaufgaben und mehrheitlich Management- und Führungsaufgaben. Bereiten Sie sich mental auf die neue Rolle vor und akzeptieren Sie, dass sich Ihre Verantwortlichkeiten und Aufgaben erheblich ändern werden. Verabschieden Sie sich innerlich von der alten Position und begrüßen Sie Ihren neuen Job.
Hier noch vier Tipps:
Tipp 1: Von der Fach- zur Führungskraft bedeutet, lernen, mehr zu delegieren
Lernen Sie, Aufgaben effektiv zu delegieren und vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern, dass sie diese erfolgreich erledigen können.
Erfolgreiche Delegation ist eine Kunst und der Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Führungskraft und ihren Mitarbeitenden.
Tipps zum Thema Delegation finden Sie hier.
Tipp 2: Führen Sie regelmäßig Mitarbeitergespräche
Regelmäßige Mitarbeitergespräche sind nicht nur grundlegend für eine reibungslose und effektive Zusammenarbeit, sondern auch für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen der Führungskraft und ihrem Teammitglied. Sie haben somit einen großen Einfluss auf dessen individuelle Arbeitsleistungen, auf die Motivation und Bindung an das Unternehmen. Sie brauchen ein sinnvolles, strukturiertes System aus täglichen, wöchentlichen, monatlichen und halb/jährlichen Gesprächen, um Ihre Mitarbeiter zu motivieren, weiterzuentwickeln und zu binden.
Wie Sie verschiedene Mitarbeitergespräche erfolgreich führen, lesen Sie hier.
Tipp 3: Kontinuierliches Lernen und Anpassung
Führung ist ein eigenes Fachgebiet, das genauso gut gelernt werden will, wie Ihr bisheriges Fachgebiet. Seien Sie bereit, sich regelmäßig selbst zu reflektieren und kontinuierlich zu lernen, um den wechselnden Anforderungen der Führungsrolle gerecht zu werden.
Tipp 4: Feiern Sie das Verlassen Ihrer Komfortzone, wenn Sie von der Fach- zur Führungskraft werden
Komfortzonen zu verlassen, ist nicht immer einfach. Genau das tun Sie jedoch, wenn Sie sich auf den Weg von der Fach- zur Führungskraft begeben. Es ist ein bedeutender Entwicklungsschritt, denn Sie dadurch gehen, dass Sie die Herausforderung Führung annehmen.
Die Britin Roz Savage ist bekannt für ihre bemerkenswerten Solo-Ruderüberquerungen der drei großen Ozeane: Atlantik, Pazifik und Indischer Ozean. Den Umgang mit neuen Herausforderungen hat sie so beschrieben:
„Das Verlassen der Komfortzone soll sich unangenehm anfühlen, weil wir uns auf neuem und unbekanntem Terrain befinden. Unwohlsein ist ein Zeichen für Erfolg, NICHT für Misserfolg! Wenn wir uns also unangenehm außerhalb unserer Komfortzonen befinden, bedeutet das, dass wir wachsen!!! Und DAS ist ein Grund zum Feiern!“
Roz Savage
Fazit: Bewusst und erfolgreich von der Fach- zur Führungskraft
Der Übergang von der Fach- zur Führungskraft ist ein anspruchsvoller Prozess, der eine Kombination aus Selbstreflexion, Weiterbildung, Mentoring, klarer Kommunikation und kontinuierlicher Entwicklung erfordert. Indem Sie sich bewusst auf diese neue Rolle vorbereiten und die genannten Strategien anwenden, können Sie den Übergang erfolgreich gestalten und eine moderne Führungskraft werden, die diese Aufgabe mit Spaß und Erfolg meistert.
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