Ein Tagebuch führen – das klingt zunächst wie eine altmodische Idee. Man denkt unwillkürlich an ein mit Herzchen verziertes Büchlein eines unglücklich verliebten Teenagers. Weit gefehlt! Das Tagebuch liegt im Business-Bereich wieder voll im Trend. Es gilt sogar als Booster für die Persönlichkeitsentwicklung.
Der Sinn und Zweck des modernen Tagebuchs hat sich grundlegend verändert. Man nutzt es nicht mehr, um negative Gefühle zu verarbeiten. Ganz im Gegenteil: Es ist dazu da, unsere Erfolge und Entwicklungen festzuhalten, unseren Fokus auf das Positive zu lenken und dafür dankbar zu sein.
Das modere Tagebuch hat viele Namen und Formen
In Zuge seines Revivals hat das gute alte Tagebuch auch neue Namen erhalten. Je nach Anwendungsform und Format heißt es nun:
- Erfolgstagebuch oder Erfolgsjournal
- Business-Tagebuch oder Business-Journal
- Unternehmertagebuch
- Dankbarkeitstagebuch
- Achtsamkeitstagebuch
Was ist mit Journaling gemeint?
Oft wird für das moderne Tagebuch auch der Begriff Journaling verwendet. Dies liegt daran, dass es im Englischen zwei Begriffe für Tagebuch gibt, die verdeutlichen, warum im Tagebuch so viel Potenzial steckt.
- Das Diary konzentriert sich darauf, täglich die Ereignisse im Leben der Person festzuhalten. Es deckt sich daher gut mit der althergebrachten Form des Tagebuchs.
- Das Journal bietet mehr Möglichkeiten und Aspekte als das Diary. Hier können auch die Reflexion des Geschehenen, die Arbeit mit Zielen und die Entwicklung von Ideen integriert werden. Der Begriff Journal trifft daher die modernen Formen des Tagebuchs besser.
Journaling ist damit das Führen eines modernen Tagebuchs. Dennoch haben wir uns in diesem Artikel entschieden, das deutsche Wort Tagebuch zu verwenden, eben im Sinne seiner modernen Version.
Tagebuch führen: Frei oder nach festgelegten Strukturen?
Freie Gestaltung
Der Klassiker unter den Tagebüchern ist das weiße Blatt Papier. Natürlich darf es heute auch eine leere Seite auf dem Bildschirm sein. Der Vorteil ist, dass dies völlige Freiheit in der Gestaltung der Einträge bietet. Die Gedanken können also fließen, wohin sie möchten. Die Länge der Einträge kann täglich frei entschieden werden und auch Zeichnungen und Bilder sind möglich.
Strukturierte Gestaltung
Inzwischen ist eine ganze Reihe von Formaten entwickelt worden, die Struktur in das Schreiben bringen und somit all denjenigen Unterstützung geben wollen, denen das freie Schreiben (noch) schwerfällt. Die Struktur, die das Tagebuch dann erhält, wird dabei meist durch Fragen oder Satzanfänge vorgegeben.
Fragen, die unsere Gedanken in die richtige Richtung lenken sind zum Beispiel:
Für die Morgenreflexion:
- Welches Ziel möchte ich heute erreichen?
- Worauf möchte ich mich heute konzentrieren?
- Was würde den Tag großartig machen?
Für die Abendreflexion
- Wofür bin ich heute dankbar?
- Was habe ich heute über mich gelernt?
- Was habe ich heute über andere Menschen gelernt?
- Wobei habe ich mich heute gut gefühlt?
Prompts sind Satzanfänge, die es zu vervollständigen gilt, zum Beispiel:
Für die Morgenreflexion:
- Heute freue ich mich auf …
- Dieser Tag wird ein perfekter Tag, wenn …
- Heute möchte ich erreichen, dass …
Für die Abendreflexion
- Heute bin ich dankbar für …
- Ich habe heute erreicht, dass
- Ich habe heute etwas Gutes getan für …
Als Einstieg ins Tagebuchschreiben sind diese geführten Formate hervorragend geeignet. Routiniers des Tagebuchs werden die immer gleichen Fragen vielleicht irgendwann langweilig und entwickeln irgendwann ihr eigenes Format und ihre eigene Methode.
Was gehört in das Tagebuch und was nicht?
Ziele und Visionen sollten einen besonderen Platz im Tagebuch bekommen. Schließlich haben Sie Ihr Tagebuch regelmäßig in der Hand und werden so immer wieder daran erinnert, was Ihnen wichtig ist.
Zahlreiche Tipps für das Setzen von wohlformulierten Zielen finden Sie hier.
Was nicht in ein Tagebuch gehört, sondern in eine To-Do-Liste oder ein Bullet Journal sind ihre täglichen Aufgaben.
Viele Tipps und Hintergrundinformationen zum Thema To-Do-Liste finden Sie hier.
Tagebuch: Handschriftlich oder elektronisch
Das handschriftliche Tagebuch
Es gibt viele Menschen, die die handschriftliche Form des Tagebuchs bevorzugen. Im Handel werden wunderschöne Tagebücher angeboten, sowohl zum freien Schreiben als auch mit den unterschiedlichsten Strukturvorgaben.
Ein beliebtes Format ist zum Beispiel das 6-Minuten Tagebuch von Urbestself, das eine Mischung aus Fragen und Satzanfängen für eine kleine Morgen- und eine Abendroutine bietet, die durch ein Monatsjournal und ansprechende Gestaltungsmöglichkeiten ergänzt werden.
Das elektronische Tagebuch
Anderenutzen lieber elektronische Medien: Am Computer, per App auf dem Smartphone oder Tablet. Natürlich ist hier eine freie Gestaltung als Word-Datei jederzeit möglich. Aber es gibt auch unzählige Apps, die Tagebuch-Formate mit den verschiedensten Strukturen enthalten. Einige Beispiele sind DayOne, Reflectly, stoic., YourDay oder MyDiary.
Einen schönen Überblick über die Journaling-Apps hat Bernard Zitzer hier zusammengestellt.
Tagebuch führen – was bringt mir das?
Sie sind noch nicht überzeugt, ob sich der Aufwand des Tagebuchführens für Sie lohnt?
Hier sind 7 starke Argumente für die psychologische und physische Wirksamkeit:
1. Regelmäßige Selbstreflexion
Die strukturierte Selbstreflexion ist das stärkste Argument für ein Tagebuch. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit dem eigenen Tun und Denken, setzt eine ganze Kette von weiteren positiven Effekten in Gang. Die mentale Arbeit, die Sie immer dann erbringen, wenn Sie Ihre Gedanken sortieren und zu Papier zu bringen, ist ein wertvoller Schritt für die Persönlichkeitsentwicklung.
2. Steigerung des Selbstbewusstseins
Selbstreflexion führt zu Selbstbewusstsein. Menschen halten im Tagebuch ihre Erfolge fest, auch Teilerfolge und kleine Fortschritte. Dadurch gewinnen sie Selbstvertrauen.
3. Förderung des positiven Denkens
Unser Gehirn kann negative Ereignisse und Gefühle besser speichern als positive. Evolutiv war diese Vorgehensweise einmal überlebensnotwendig, um in Gefahrensituationen schnell reagieren zu können. Heute steht uns dieser Instinkt oft im Weg. Das Negative bekommt dadurch mehr Bedeutung als ihm zusteht. Richtet man mit dem Tagebuch bewusst den Blick auf das Positive, steigert das somit die eigene Zufriedenheit, Dankbarkeit und auch die Wertschätzung für Kleinigkeiten.
4. Klarheit über die eigenen Ziele
Ein Tagebuch eignet sich gut, um die großen Ziele im Auge zu behalten. Es macht bei großen Zielen auch die kleinen Schritte in die richtige Richtung sichtbar und hilft so, das Ziel langfristig zu verfolgen.
5. Steigerung der Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung einer Person, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Diese wichtige Eigenschaft eines Menschen hilft ihm somit, pro-aktiv zu agieren und das Heft des Handelns in die eigene Hand zu nehmen.
6. Förderung der Resilienz
Das Tagebuchschreiben und die Konzentration auf das Positive helfen uns, das Stresslevel zu senken und uns dadurch auf unsere Ressourcen zu besinnen.
7. Verbesserter Gesundheitszustand
Diverse Forschungen beweisen, dass das Tagebuch sogar positive physische Effekte mit sich bringt. Mit dem Dankbarkeitstagebuch beschäftigt sich zum Beispiel Prof. Dr. Robert A. Emmonds, Professor für Psychologie an der University of California. Er stellte fest, dass die Studienteilnehmenden, die ein Dankbarkeitstagebuch führten, nicht nur eine bessere Stimmung hatten, sondern sich auch gesünder fühlten und seltener krankmeldeten. Auch die Schlafqualität verbesserte sich und die Menschen fühlten sich energiegeladener und enthusiastischer.
Das moderne Tagebuch oder Journal kann unsere Persönlichkeitsentwicklung also nachhaltig voranbringen und uns bei einer bewussteren und glücklicheren Lebensweise unterstützen. Vorausgesetzt, wir schaffen es, es zum festen Teil unserer täglichen Gewohnheiten zu machen und regelmäßig zu führen.
Ein Tagebuch als neue Gewohnheit etablieren
Jede neue Gewohnheit will geplant sein. Es braucht Zeit und Konzentration, um sie einzuführen. Erst nach und nach wird die neue Gewohnheit dann fester Bestandteil unserer täglichen Routinen.
Bevor Sie anfangen, sollten Sie sich folgende Punkte klar machen:
- Ihre Motivation: Machen Sie sich deutlich, welchen Nutzen sie sich von Ihrem Tagebuch versprechen. Stellen Sie sich dabei vor, wie sich das für sie anfühlt, ein Tagebuch zu führen.
- Ihr Format: Finden Sie das passende Format, das zu Ihnen am besten passt. Egal, ob sie eine handschriftliche Methode oder die App wählen, es sollte Ihnen Freude machen, ihr Tagebuch aufzuschlagen.
- Ihr Auslöser: Überlegen Sie sich genau, was Sie täglich daran erinnern kann, einen Eintrag in Ihr Tagebuch zu machen. Die App auf dem Handy ist ideal dafür, aber auch ein Post-it oder die Einbindung in ihr Zubettgehritual ist ein guter Weg.
- Starten Sie klein: 3 Punkte, die Sie täglich festhalten, sind schon ein guter Anfang.
- Denken Sie klein: Das Schöne beim Tagebuch ist: Sie halten auch die kleinen Erfolge des Alltags darin fest: Eine Aufgabe, die erfolgreich abgeschlossen wurde, ein gutes Gespräch mit einem Kollegen, ein Lob vom Chef, ein inspirierender Vortrag, ein schöner Familienausflug, ein Abendessen mit Freunden, ein Workout, zu dem Sie sich am Abend doch noch aufgerafft haben.
- Ihr Durchhaltevermögen: Halten Sie mindesten 30 Tage durch, denn frühestens dann festigt sich eine neue Gewohnheit.
Viele zusätzliche Tipps zum Etablieren und Ändern von Gewohnheiten finden Sie hier.
Bild von Sozavisimost auf Pixabay
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